Bibel-Vorstellung:Bling-Bling und ein Querpass

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Die Dreifaltigkeit: Harald Glööckler auf einem Bibel-Schuber, in echt und auf einem Plakat (von links nach rechts). (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Total rebellische Idee der evanglischen Kirche: Modeunternehmer Harald Glööckler und andere prominente Ästheten gestalten einen Schuber für die Lutherbibel.

Von Christoph Dorner

Harald Glööckler ist spät dran. Ungefähr zur Gabenbereitung kommt der Modemacher mit dem Puppengesicht an diesem Vormittag in die St.-Matthäus-Kirche, ein evangelisches Gotteshaus unweit des Potsdamer Platzes. Dies ist aber kein Gottesdienst, bei dem er sich hereinschleichen muss wie früher als Bub ins Kloster im württembergischen Maulbronn, sondern ein PR-Termin, bei dem er unter Blitzlichtgewitter einzieht wie Jesus in Jerusalem. Glööckler, schwarzes Negligé unter beigefarbener Steppjacke mit gewaltigen Schulterpolstern, glitzerbesetzte High Heels, klobige Ringe an beiden Händen, ist hier, um über Luther und die Bibel zu sprechen. Bitte was?

Man kann sich schon ungefähr ausmalen, wie es zu der Sache mit den Bibelschubern gekommen ist. Die evangelische Kirche feiert gerade 500 Jahre Reformation, dafür hat sie auch die Lutherbibel neu übersetzen lassen. Allein 200 000 Exemplare hat sie seit der Vorstellung bei der Frankfurter Buchmesse verkauft. Doch es wäre ja schon toll, wenn das Buch auch bibelferne Schichten lesen würden, dachten sich wohl die Kirchenleute. Also beauftragten sie eine Agentur. Da werdet ihr mehr brauchen als 44 Prozent veränderte Verse und eine andere Schrift als Times New Roman, werden die Kreativen spöttisch gesagt haben. Auf jeden Fall: ein cooles Repackaging. Das Cover der Bibel ist heilig, okay. Aber man könnte doch, immer noch so halbfrech, Schuber machen lassen. Designed von prominenten Testimonials. Aber nur Big Names, bitte. Und am besten alles Revoluzzer wie der alte Thesen-Luthi.

Und so geschah es, dass der ästhetische Rebell Harald Glööckler, außerdem noch Uschi Glas, Klaus Meine von den Scorpions, Jürgen Klopp und Janosch einen Schuber für den 1500-seitigen Wälzer gestaltet haben.

Die limitierten Sammlereditionen sollen sich die Leute nun ins Regal stellen wie neu aufgelegte Vinyl-Boxen von Pink Floyd oder Bob Dylan. Nur sind etliche Plattencover aus der Popgeschichte ikonischer geworden als die meisten Luther-Ikonenbilder. Gleiches kann man von den Bibel-Schubern der Promis nicht behaupten. Man könnte noch weiter gehen, aber das verbietet dann doch die Religion.

Der Fußballtrainer Jürgen Klopp jedenfalls grüßt auf seinem Festeinband über einen Querpass zu Johannes Gutenberg quasi die alten Kollegen aus Mainz - darunter sind eine Farbwolke und ein Fußballfeld gelegt. Uschi Glas wollte, angelehnt an einen Bibelvers, eine schützende Hand illustrieren. Ihr Motiv sieht dummerweise aus, als hätte jemand nicht mehr rechtzeitig die Hand aus dem Kopierer bekommen.

Und Harald Glööckler? Der sagt: "Ich habe mich immer mehr getraut als alle anderen." Deshalb hat er sich auf dem Schuber gleich selbst verewigt. Glööckler ist ohnehin der Ansicht, dass er Frauen mit seinen Bling-Bling-Teilen das Paradies bringt. Deshalb ist er für einen entspannten Umgang mit der Bibel, sie sei für ihn ein "Kochbuch fürs Leben". Für den Schuber hat auch er sich einen Bibelvers ausgesucht: "Du erntest, wo du nicht gesät hast, und du sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast."

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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