Bad Reichenhall:"Schämen Sie sich, Sie haben diese Menschen auf dem Gewissen"

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Oberbürgermeister Heitmeier macht die vermutlich schwersten Tage seines Lebens durch. Auch Bürger und Rettungskräfte haben schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben. Der Kommunalpolitiker verteidigt sich nun mit einem Gutachten aus dem Jahr 2003.

Er selbst sei in den vergangenen Tagen immer wieder von Bürgern verantwortlich gemacht und persönlich angefeindet worden. "Trauer, tiefe Betroffenheit, Resignation hat die Menschen erfasst und zum Teil auch Wut - das habe ich selbst gespürt - bis hin zum Hass", sagte Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier und rang dabei sichtlich um Fassung.

Bad Reichenhalls Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier (Foto: Foto: dpa)

Eine Bürgerin habe ihm gesagt: "Schämen sie sich, sie haben diese Menschen auf dem Gewissen." Ein Feuerwehrmann habe ihn beim Einsatz angesprochen, dass die Katastrophe absehbar gewesen sei und dass die Stadt nichts dagegen unternommen habe, sagte Heitmeier, der seit 18 Jahren Bürgermeister ist.

Zur Schuldfrage sagte Heitmeier, die Stadt arbeite der Staatsanwaltschaft und den Gutachtern zu, damit die Ursache des Einsturzes lückenlos erforscht werde.

Heitmeier wies Berichte zurück, wonach bereits im Jahr 2002 ein Gutachten zu dem Schluss gekommen sei, dass das Hallendach erneuert werden müsse.

Kondolenzbuch für die 15 Todesopfer

Die Abendzeitung berichtete dagegen, Gutachter hätten 2003 festgestellt, dass die Dachbalken Wasser gezogen hätten. "Dies hat weder auf die Qualität noch auf die Tragfähigkeit des Tragwerkes Einfluss", sagte der Bürgermeister und zitierte aus dem Gutachten: "Die Tragkonstruktion, sowohl die Holzkonstruktion als auch die Stahlbetonkonstruktion befinden sich in einem allgemein als gut zu bezeichnenden Zustand."

In Bad Reichenhall wurde am Donnerstag ein Kondolenzbuch für die 15 Todesopfer der Katastrophe ausgelegt. Bei ihnen handelt es sich um insgesamt drei Erwachsene sowie zwölf Kinder und Jugendliche. Bei dem Einsturz wurden 34 Menschen verletzt, von denen noch 15 in Kliniken sind.

Polizeisprecher Franz Sommerauer sagte, das letzte Opfer sei am Donnerstag gegen 02.00 Uhr bei Grabungsarbeiten in einem Schneehaufen entdeckt und eine halbe Stunde später geborgen worden. Die Identifizierung des Opfers sei aber noch nicht abgeschlossen. Man habe keine Hinweise, dass sich noch eine weitere Person in den Trümmern befinde.

Ermittlungen werden mehrere Wochen dauern

Nach Angaben der Behörden werden die Sucharbeiten aber so lange fortgesetzt, bis die gesamte Eisfläche geräumt ist. Damit wird für Donnerstagabend gerechnet. Auch der Katastrophenfall blieb weiter bestehen. Angehörige können Polizeischutz anfordern, wenn sie von Medienvertretern belästigt werden.

Die Ursache für den tödlichen Einsturz der Eislaufhalle wird nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft frühestens in einigen Wochen klar sein. Es könne aber auch mehrere Monate dauern, sagte Behördensprecher Volker Ziegler im Fernsehsender N24.

Die Sachverständigen seien bereits mit den Ermittlungen beauftragt worden. Bevor es strafrechtliche Schritte geben könne, müssten zunächst die Ergebnisse der Untersuchungen abgewartet werden, betonte Ziegler.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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