Airbus A380 - Notfallübung:873 Passagiere raus - in 80 Sekunden

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Das größte Passagierflugzeug der Welt hat seinen Evakuierungstest bestanden - in Weltrekord-Geschwindigkeit.

Der Airbus A380 hat einen der wichtigsten Tests in seinem Zulassungsprogramm absolviert. In einer abgedunkelten Halle am Werksflughafen von Hamburg-Finkenwerder wurden am späten Sonntagnachmittag alle 873 Insassen aus dem größten Passagierflugzeug der Welt evakuiert.

Alle Teilnehmer schafften es in nur 80 Sekunden, zehn Sekunden schneller als gefordert. "Das ist ein sehr großer Erfolg", sagte Airbus-Chef Gustav Humbert. Negativ zu vermelden waren ein Beinbruch und 32 leicht Verletzte.

Mit dem Test musste Airbus nachweisen, dass sich Passagiere und Besatzung in einem Notfall über die Rutschen retten können.

Dann muss alles ganz schnell gehen

Die Passagiere hatten Handgepäck und Zeitungen dabei. Und dunkel war es, denn es sollte sich anfühlen wie bei einem Flug in der Nacht, bei dem eigentlich alles gut zu laufen scheint und die Passagiere ihrem Urlaubsziel entgegendämmern.

Doch dann, wie in einem echten Notfall, musste alles ganz schnell gehen. Türen aufreißen, Rutschen aufklappen und hinunter, so rasant es nur irgendwie geht.

Der Evakuierungstest war eine der Hürden, die der neue Riesen-Airbus auf dem Weg zur Zulassung Ende des Jahres nehmen muss. Der Flugzeugbauer wollte nachweisen, dass es möglich ist, eine bis auf den letzten Platz gefüllte Maschine innerhalb von eineinhalb Minuten zu evakuieren. Weil Charter-Fluggesellschaften theoretisch mehr als 850 Sitze in das Großflugzeug einbauen können, ist die Zahl der Passagiere so hoch.

Normale Linienfluggesellschaften, die ihren Gästen mehr Komfort in einer Business- oder gar First Class anbieten, packen viel weniger Sitze in den A380. Qatar Airways will eine Version mit nur rund 450 Passagieren einsetzen, Emirates wird in der Luxus-Variante 490 Sitze einbauen, viele der anderen Airlines wie die Lufthansa liegen bei etwa 550.

Die Evakuierung fand natürlich nicht nach einem realen Flug statt, sondern in einem Hangar am Werksflughafen in Hamburg-Finkenwerder. Die Test-Passagiere bekamen nummerierte Leibchen übergestreift, damit die etwa 40 Kameras sie besser einfangen und die Aufpasser das Geschehen hinterher besser analysieren können.

Die Aufpasser, das sind Mitarbeiter der amerikanischen Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) und dem europäischen Pendant European Aviation Safety Agency (EASA). Die FAA-Regeln sehen vor, dass ein neues Flugzeug nur für so viele Passagiere zugelassen werden darf, wie innerhalb von 90 Sekunden evakuiert werden können.

Und das auch noch unter verschärften Bedingungen. Wie bei einer realen Notlandung gehen die Behörden davon aus, dass sich nicht alle Notausgänge, sondern nur die Hälfte öffnen lassen. Die 873 Personen sollten also durch acht Türen hinunter, das ist die Hälfte.

Evakuierungstests, die bei allen neuen Flugzeugmustern gemacht werden müssen, sind für die Testpersonen mitunter echte Mutproben. Das gilt besonders für die gigantische A380. Denn vom Oberdeck aus sind es acht Meter Höhendifferenz, die auf den steilen Gummi-Rutschen überwunden werden müssen.

Ganz ungefährlich ist die Sache nicht. Knochenbrüche und andere Verletzungen sind durchaus üblich, weil die Landung am Ende der Rutsche hart ist oder der nachfolgende Evakuierte einem ins Kreuz springt.

Wann bricht die Tragfläche?

Diese Notfallübung ist zwar spektakulär, aber auf die A380 warten bis zur Zulassung im Herbst noch weitere Hürden. Eine der komplexesten Aufgaben ist der Einbau der Innenausstattung. Auf zahlreichen Testflügen muss Airbus herausfinden, ob die Installationen - von Toiletten über Küchen zum Bordunterhaltungsprogramm - einwandfrei funktionieren.

Sowohl Airbus als auch Boeing haben in der Vergangenheit bereits schmerzhaft erfahren, was bei dem Einbau schief gehen kann.

Nicht funktionierende Toiletten auf einem Langstreckenflug, wie anfangs bei einer Version des Airbus A340, machen den Jet untauglich.

Auf Airbus warten womöglich auch noch Modifikationen an der Tragfläche. Bei einem statischen Test war ein Flügel zuletzt etwas früher als vorausberechnet gebrochen. Die erste A380 soll im November an Singapore Airlines ausgeliefert werden. Die Lufthansa bekommt ihr erstes Flugzeug voraussichtlich etwa ein Jahr später.

© SZ vom 27.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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