Abschied:Tiefe Trauer

Lesezeit: 2 min

In einem Konvoi aus weißen und schwarzen Limousinen werden die Leichen der beim Absturz ums Leben gekommenen Schüler und Lehrer nach Haltern gebracht. (Foto: Martin Meissner/AP)

Überführung mit Verzögerung: Die Leichen der Germanwings-Opfer aus Haltern sind endlich bei ihren Familien angekommen. Viele Menschen begleiteten den Konvoi aus weißen und schwarzen Limousinen.

Von BERND DÖRRIES, Düsseldorf

Die Flaggen wehen auf halbmast, auf den Bordsteinen liegen weiße Rosen, vor dem Gymnasium stehen Kerzen. Durch Haltern rollt eine Kolonne von Leichenwagen, 16 schwarze und weiße Limousinen, eine für jeden Toten aus Haltern, für 14 Schüler und zwei Lehrerinnen, die am 24. März auf dem Germanwings-Flug von Barcelona nach Düsseldorf saßen, der durch den Copiloten zum Absturz gebracht wurde. Das alles ist auf den vergleichsweise wenigen Fotos der Nachrichtenagenturen zu sehen - die Hinterbliebenen und Bürger von Haltern hatten gebeten, möglichst alleine trauern zu können. Ohne die Journalisten und Schaulustigen, die in den Tagen nach dem Absturz vor der Schule standen.

Mehr als zwei Monate sind seit dem Absturz vergangen, so lange warten die Angehörigen darauf, die Toten beerdigen zu können. "Das ging an die Grenzen der Belastbarkeit", sagt Anwalt Christof Wellens, der mehrere Familien vertritt.

Bereits am 19. Mai hatte die Staatsanwaltschaft Marseille die Leichen freigegeben, die Totenscheine waren ausgestellt. Wochen vergingen, ohne dass den Angehörigen mitgeteilt wurde, wie es weitergeht. Dann hieß es, am 10. Juni erfolge die erste Überführung - die aber drohte noch zu platzen, aufgrund "neuer behördlicher Vorgaben" sei die Heimkehr der Toten vorerst unterbrochen, teilte Lufthansa in der vergangenen Woche mit.

Bernard Bartolini, der Bürgermeister von Prads-Haute-Bléone nahe der Absturzstelle, bedauerte im französischen Fernsehen die Verzögerung, es habe Probleme bei der Ausstellung der notwendigen Unterlagen gegeben. "Aber das lag vielfach auch an den Geburtsurkunden, die wir erhalten haben, um den Tod amtlich zu bestätigen. Viele davon waren für uns nicht einfach zu entziffern", sagte Bartolini. Brauchte man also drei Wochen Zeit, um eine Geburtsurkunde zu lesen?

Anwalt Wellens hat so seine Zweifel: "Da fragt man sich schon, spielt sich das alles in einem Entwicklungsland in Afrika ab, oder mitten in Europa?" Auch die Lufthansa habe bei der Überführung keine besonders gute Figur abgegeben, findet Anwalt Wellens. Die Angehörigen seien schlecht oder gar nicht informiert worden. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sind allerdings für die Überführung vier Urkunden nötig, dazu müssen Angaben gemacht werden zur Balsamierung der Leichen und zum Verschluss des Sarges. Noch immer liegen diese Unterlagen offenbar nicht für alle Toten vor. Am Mittwochmorgen wurden nur 44 der insgesamt 72 deutschen Opfer übergeführt.

An diesem Donnerstag werden viele deutsche Hinterbliebene nach Paris reisen, wo die Staatsanwaltschaft sie über den Stand der Ermittlungen informieren wird. "Das ist eine schöne Geste, das würde ich mir auch von deutscher Seite wünschen", sagt Anwalt Wellens.

Inhaltlich wird es vermutlich nicht viel Neues geben. Copilot Andreas Lubitz besuchte vor seinem Tod eine Reihe von Ärzten, die verschiedene Diagnosen im Bereich psychische Erkrankungen erstellten. Eine mögliche Gefährdung will keiner der Ärzte erkannt haben.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: