WM-Kaufrausch ist ausgeblieben:Nur Fanartikel-Händler machen gute Geschäfte

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Kaum Grund zu jubeln: Geschäfte, Taxis und Hotels erleben nicht das erwartete Umsatz-Plus. Nur Fan-Shops laufen richtig gut. Aber auch die Elektronikmärkte beklagen sich nicht. Normale Läden dagegen schließen häufig wieder früher.

Otto Fritscher und Moritz Koch

Der von Einzelhändlern erhoffte Kaufrausch zur WM ist ausgeblieben. Viele Läden haben trotz der längeren Öffnungszeiten nicht mehr Umsatz gemacht. Einige Geschäfte in der Innenstadt sind seit einigen Tagen sogar wieder zu den normalen Ladenschlusszeiten um 20 Uhr zurückgekehrt. Auch Hoteliers und Taxifahrer haben von den zahlreichen WM-Touristen nicht extra profitiert. Jubelarien sind allerdings von den Elektromärkten sowie den Sport- und Fanartikelhändlern zu hören.

Fan-Artikel sind der Verkaufsschlager im Kiosk aif dem Marienplatz. (Foto: Foto: Haas / SZ)

"Während der Woche hat uns die WM eher geschadet", sagt Reiner Unkel, Geschäftsführer des Kaufhauses Beck. Münchner und Touristen seien in Feier-, aber nicht in Einkaufslaune gewesen. Da nach 20 Uhr nicht genügend Kunden kamen, schließe das Geschäft jetzt wieder früher.

Auch Petra Krause, Verkaufsleiterin bei Loden-Frey, hat jetzt wieder früher Feierabend: "Wir schließen auch samstags wieder um 20 Uhr, die längeren Öffnungszeiten haben sich einfach nicht rentiert." Ebenfalls hinter den Erwartungen geblieben sind die Geschäfte bei Hettlage. "Wir hatten ein Umsatzplus von 50 Prozent angepeilt, aber nur 28 Prozent erreicht", sagt Geschäftsführer Gerhard Kränzle. Auch er hat die Öffnungszeiten wieder verkürzt. "Was wir wirklich bräuchten, wären zwei oder drei verkaufsoffene Sonntage im Jahr", sagt er.

Doppelt so viele Fernseher verkauft

Zu den eindeutigen Gewinnern des WM-Geschäfts gehören dagegen die Elektromärkte. "Wir haben doppelt so viele Fernseher verkauft wie sonst", sagt Wolfgang Deinert, Geschäftsführer des Saturn-Markts auf der Theresienhöhe. "Vor allem Flachbildschirme haben den Umsatz angeheizt." Auch die Sportartikelhändler sehen die WM mit Freude: Bei Sport-Scheck hat sich der Umsatz in der Fußball-Abteilung versechsfacht - "explosionsartig", wie die Geschäftsführung sagt.

Genauso enthusiastisch zeigt sich Verkäuferin Elli Felber vom Kiosk "Malescha" auf dem Marienplatz. "Das Geschäft ist jeden Tag bombastisch gelaufen", schwärmt sie. "Fans aus allen Ländern stehen bei uns Schlange." Der kleine Laden ist prall gefüllt mit Fußball-Souvenirs. Hemden, Fahnen, Hüte und Bierkrüge stapeln sich in den Vitrinen. "Anstecknadeln mit WM-Motiven, T-Shirts und Käppis sind besonders beliebt", sagt Felber.

Der Run auf die Fanartikel hat auch bei Peter Kapitza die Kassen klingeln lassen. Seine Firma VIP-Merchandising hat er vor der WM gegründet und sich unter anderem die Rechte am Vertrieb offizieller Fifa-Fahnen gesichert. Deutschlandweit hat Kapitza allein 450000 Autoflaggen ausgeliefert, die er aus China importiert hat. Nun will der ehemalige Unternehmensberater im Geschäft bleiben. "Nach der WM ist vor der EM", sagt er.

"Wie Oktoberfest und Sylvester zusammen"

Für Citymanager Wolfgang Fischer ist die unterschiedliche Resonanz je nach Branche nicht verwunderlich "Ob es ein Plus während der WM gibt, hängt von der Lage und dem Sortiment ab." Dass etliche Geschäfte schon wieder früher zumachen, bedeutet für Fischer aber nicht, dass längere Öffnungszeiten generell unrentabel seien. "Sehr heiße Sommertage und der WM-Hype - da kann man nicht gleich auf alle Ewigkeit schließen."

Von WM-Begeisterung ist auch im Hotelgewerbe nicht viel zu spüren. Im Schnitt seien während des Turniers nur rund 60 Prozent der 44000 Betten in München belegt gewesen, sagt Frank-Ulrich John, Sprecher des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. Profitiert hätten vor allem die Luxushotels. "Bei einem Event wie der Fußball-WM wird von oben nach unten gebucht", erklärt John. "Erst in den Fünf-Sterne-Hotels, dann in den Vier-Sterne-Häusern und so weiter. Das liegt an den vielen Verbandsfunktionären und Prominenten, die zu den Spielen in die Stadt kommen." Doch in der Drei-Sterne-Kategorie seien selbst an Tagen, an denen in München angepfiffen wurde, Betten freigeblieben.

So wie auch meist ein Taxi zu bekommen war. "Die WM-Wochen waren zwar nicht schlecht, haben das Geschäft aber auch nicht sonderlich belebt", sagt Christian Hess, Geschäftsführer von Isarfunk. "Nur an den beiden Tagen, an denen Deutschland hier in München gespielt hat, war die Hölle los. Wie Oktoberfest und Silvester zusammen."

© SZ vom 27. 6. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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