Die Aufregung ist gewaltig, die Fremdenverkehrschefin schwer verärgert, und wie immer, wenn es um das Thema Wiesn geht, sehen Traditionalisten den Charakter des größten Volksfests der Welt in Gefahr.
Wird die Wiesn für kommerzielle Zwecke missbraucht, in diesem Fall von Verena Pooth, Regine Sixt und Paris Hilton? Wo liegt die Grenze zwischen geschickter Eigenwerbung und gezielter Markenpolitik, mit der versucht wird, Logos und Produkte auf dem Oktoberfest zu positionieren?
Schon immer war die Wiesn eine perfekte Bühne für Selbstdarsteller aller Art. Das liegt in der Natur dieses rauschhaften Großereignisses mit seinen pompösen Auf- und Umzügen - und oft waren es die Wiesnwirte selbst, die sich wie Monarchen feiern ließen.
Anlass zu harscher Kritik
Zwei aktuelle Fälle sind es, die Fremdenverkehrschefin Gabriele Weishäupl zu ihrer harschen Kritik und Abmahnungen an die Gastronomen Michael Käfer und Edi Reinbold veranlasst haben. Im Fall von Verena Pooth, die Models in ihrer eigenen Kollektion über einen Laufsteg schickte, ist sehr deutlich eine Grenze überschritten worden - nicht nur die Grenze zur Peinlichkeit.
Empört zeigt sich Weishäupl über die Werbeplakate der "Hubert-Burda-Media", vor denen Pooth mit Playmates und Moderatorinnen posierte. Michael Käfer, der etwas überrumpelt schien vom Ausmaß der Aktion, sieht das inzwischen ein: "Ich stehe zu den Regeln, so was wird es bei uns nicht mehr geben."
Betont reumütig gibt sich der Festwirt, der nach der Standpauke auf einmal die Gefahr erkannt hat, dass der Vermarktungswahn schlimme Folgen haben könnte. Weil dann noch mehr Kamerateams und Agenturen in die Zelte drängen als ohnehin schon.
"Werbung fürs Oktoberfest"
Fall zwei: Die "Damen-Wiesn" der Mietwagenunternehmerin Regine Sixt, die über ein Frauennetzwerk mit vielfältigen Medienkontakten verfügt. Weishäupls plötzliche Entrüstung über die Art und Weise der Veranstaltung kommt insofern etwas überraschend, als sie selbst in den vergangenen Jahren eingeladen war und den ganzen Zirkus klaglos mitmachte: Stelzenläufer, sexy Tänzerinnen, farbenfrohe Transvestiten und laute Fanfarenbläser hatten schon früher die 600 weiblichen Gäste in Stimmung gebracht. Ohne dass Weishäupl, die leibhaftig anwesend war, protestiert hätte.
Regine Sixt verteidigt sich daher mit dem Argument, nichts Unrechtes getan zu haben und mit ihrem Stammtisch Geld für eine gute Sache - ein Kinderheim in Gabun - zu sammeln: "Ich mache doch gigantische Werbung fürs Oktoberfest." Doch auch bei ihr ist die Botschaft angekommen, dass die Wiesnchefin den Kommerz härter bekämpfen möchte. "Frau Weishäupl hat natürlich Recht, wenn sie die Traditionen bewahren will", sagt sie beschwichtigend.
Dass am Montag ein mit ihren Fotos beklebtes Regine-Sixt-Mobil vor dem Schützenzelt stand, sei auch nicht als Werbeaktion für ihr Unternehmen, sondern als Gag gemeint gewesen - allerdings waren die Firmenlogos auf der Stoßstange des grauen Oldtimers deutlich erkennbar. In jedem Fall, sagt Sixt, werde es auch 2007 wieder eine "Damen-Wiesn" geben, "in welchem Zelt, muss man noch sehen".
Trend zur Selbstvermarktung
Es ist wenig wahrscheinlich, dass nun neue Zeiten beginnen und sich die Wiesnpromis plötzlich in Bescheidenheit üben. Der Trend zur Selbstvermarktung ist kaum aufzuhalten, die Zahl der Journalisten wächst Jahr für Jahr, die Fernsehsender bauen immer größere Studios in die Zelte, um von exklusiven Privatpartys zu berichten.
Selbst wenn die Werbefrau Paris Hilton am kommenden Montag nur als "ganz normaler Gast" das Oktoberfest besucht und dort keinerlei Werbung für ihre Prosecco-Marke machen wird, wie Hippodrom-Wirt Sepp Krätz versichert, dürfte das Medienecho beträchtlich sein. Die Gaga-Wiesn geht weiter. Und Gabriele Weishäupl wird sich nicht zum letzten Mal aufgeregt haben.