Wichtige Akten bleiben geheim:Eine Spur, zwei Mordfälle, viele Rätsel

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Die ungeklärte Herkunft der identischen Spur aus den Mordfällen Charlotte Böhringer und Ursula Herrmann belastet das Verfahren gegen den wegen Mordes an der Parkhaus-Millionärin angeklagten Benedikt T., 32, zunehmend.

Alexander Krug

Benedikt T., Lieblingsneffe von Böhringer, soll seine Tante am 15. Mai 2006 in ihrem Penthouse in der Baaderstraße erschlagen haben. In der Wohnung wurde später eine DNS-Spur sichergestellt, die identisch ist mit einer Spur aus dem noch immer ungelösten Fall der 1981 entführten und ermordeten Schülerin Ursula Herrmann.

Verteidiger Peter Witting im Gespräch mit dem Staatsanwalt. (Foto: Foto: Andreas Heddergott)

Die Ermittlungen zu diesem Fall führt inzwischen die Staatsanwaltschaft Augsburg, die sich erst nach langem Zögern zur Herausgabe der angeblich mehr als 100 Bände umfassenden Akten bereit erklärte. Die Leitzordner sind jedoch wegen der noch immer laufenden Ermittlungen als "geheim" klassifiziert, was eine öffentliche Erörterung unmöglich macht.

Die Verteidiger haben bislang nur einen kleinen Teil der Akten einsehen können. Allein bei einer ,,ersten groben Durchsicht'' hätten sich aber Hinweise von ,"hoher Bedeutung" für das Verfahren Böhringer ergeben, so die Anwälte Peter Witting und Stefan Mittelbach am Mittwoch. Details nannten sie erst nach dem Ausschluss der Öffentlichkeit.

Durch die Geheimhaltungspflicht droht das Verfahren nun zur Farce zu werden, jeder mögliche Bezug zum Fall Herrmann dürfte künftig nur mehr hinter verschlossenen Türen erörtert werden. Die Anwälte beantragten erneut, das Verfahren auszusetzen, um nicht auf "unabsehbare Zeit" parallel zur Hauptverhandlung mit ständig neuen Erkenntnissen konfrontiert zu werden.

Unterdessen wurden am Mittwoch auch zwei Zeugen gehört, die Aufschluss über die Person des Angeklagten und Böhringers geben sollten. Gräfin Beatrix von Schönburg-Glauchau, 77, Mutter von Fürstin Gloria, war eng mit Böhringer befreundet gewesen und kannte auch den Angeklagten.

"Ich kann von beiden nur das Beste sagen", erklärte sie. "Ich hatte das Gefühl, dass sie gut miteinander auskommen." Böhringer habe sich oft über "geschäftliche" Probleme beklagt, aber nie Details genannt.

Bei einem letzten Telefonat habe sie dann einen "schrecklichen" Satz gesagt: "Sie bringen mich noch ins Grab." Sie habe in diesem Punkt nicht nachgehakt, so die Zeugin. Die Neffen jedenfalls seien ihrer Ansicht nach nicht gemeint gewesen: "Ich bin heute noch der Meinung, dass er (der Angeklagte) es nicht war."

Böhringers Hausarzt Veit R., 59, zeichnete ein anderes Bild der Beziehung zwischen Neffe und Tante. Er berichtete von "Spannungen" und "Zerwürfnissen", die sich vor allem an der (ostdeutschen) Freundin des Angeklagten entzündet hätten.

Böhringer sei mit dieser Wahl nicht einverstanden gewesen, für sie seien alle aus dem Osten "Kommunisten" gewesen. Böhringer habe Benedikt T. auch zunehmend in aller Öffentlichkeit "gedemütigt" und sei dabei "eiskalt" gewesen.

"Er hat alles über sich ergehen lassen und hat alles geschluckt. Ich habe mir gedacht, das Erbe muss der Benni sich aber hart verdienen", meinte Veit R. Bei einem letzten Treffen habe Böhringer das Verhältnis zum Neffen mit den Worten "aus, vorbei" kommentiert.

Die Staatsanwaltschaft sieht sich durch diese Aussage bestätigt, sie geht aufgrund der Vielzahl der Schläge, mit denen Böhringer getötet wurde, von einer sogenannten Beziehungstat aus. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

© SZ vom 28.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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