Verschärftes Versammlungsrecht:Mit Paragrafen gegen Neonazi-Aufmärsche

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Bisher gelang es dem Kreisverwaltungsreferat nur mit einer juristischen Hilfskonstruktion, rechtsextreme Veranstaltungen in der Stadt zu verbieten - das könnte sich bald ändern.

Von Gunnar Herrmann

KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle sagte der SZ, es sei zwar bereits jetzt üblich, Neonazi-Aufmärsche an bestimmten Orten mit historischer Bedeutung zu verbieten. Aber mit den neuen Vorschriften hätte seine Behörde eine bessere Handhabe gegen die Rechtsextremen.

Mit dem neuen Versammlungsrecht wollen die Bundestagsparteien verhindern, dass die NPD am Jahrestag des Kriegsendes am Brandenburger Tor demonstriert. Auch in München haben rechte Organisationen mehrfach versucht, symbolträchtige Orte für ihre Zwecke zu benutzen. Bislang habe man das verhindern können, sagte Blume-Beyerle. Es seien Aufmärsche vor der Feldherrnhalle und auf dem Königsplatz erfolgreich verboten worden. Beide Orte wurden in der Nazi-Zeit für Kundgebungen genutzt. Mit Verbotsdrohungen konnte das KVR Blume-Beyerle zufolge auch verhindern, dass Rechtsextreme über den Geschwister-Scholl-Platz und am Gewerkschaftshaus vorbeimarschieren.

Vor Gericht mit einer Hilfskonstruktion

Da an diesen Orten Demonstrationen - auch die von Rechtsextremen - grundsätzlich erlaubt seien, habe das KVR sich einer ¸¸Hilfskonstruktion" bedient, um das Verbot zu begründen, sagte Blume-Beyerle. Dabei unterstellt die Behörde, dass gegen einen Neonazi-Aufmarsch an einem symbolträchtigen Ort heftige Proteste zu erwarten sind. Daraus leitet sich eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung ab - nach geltendem Recht ein Grund, die Versammlung zu verbieten.

Vor Gericht hatten die Anordnungen des KVR bislang Bestand. Dennoch sei er für eine Verschärfung des Versammlungsrechts, sagte Blume-Beyerle. Wenn, wie es einige der Gesetzesvorschläge vorsehen, rechtsextreme Kundgebungen an bestimmten Orten grundsätzlich untersagt werden, könnte das KVR auf seine ¸¸Hilfskonstruktion" verzichten. Ein Verbot wäre einfacher durchzusetzen.

Verbot mit Augenmaß

Allerdings, so Blume-Beyerle, müsse man vorsichtig vorgehen, wenn man bestimmte Orte vor Neonazi-Aufmärschen schützt. Gerade in einer Stadt wie München gebe es eine Vielzahl von Straßen und Plätzen, die auf die eine oder andere Weise mit der NS-Zeit verbunden seien. ¸¸Man darf das nicht überziehen und Demonstrationen an allen diesen Plätzen verbieten."

Eine Liste mit möglichen Orten, die geschützt werden sollen, gebe es noch nicht, sagte Blume-Beyerle. Keinen weiteren Schutz benötigt nach seiner Auffassung das jüdische Zentrum am Jakobsplatz, weil hier die geltenden Gesetze ausreichen. ¸¸Solche Einrichtungen unterliegen einer hohen Gefährdung. Da ist es am einfachsten, Demonstrationen zu verbieten."

Derzeit muss sich das KVR mit einer Veranstaltung der Rechtsextremen befassen, die am 2. April stattfinden soll. Der Neonazi Norman Bordin, Kopf der ¸¸Kameradschaft München", hat eine Demonstration mit ¸¸Rechtsrockkonzert" auf der Theresienwiese angemeldet. Von dort aus wollen die Rechtsextremen durch die Altstadt und wieder zurückmarschieren, auf der Theresienwiese soll dann das Konzert stattfinden. In mehreren rechtsextremen Internet-Foren wird bereits auf die Veranstaltung hingewiesen. Der Antrag sei noch nicht genau geprüft worden, heißt es im KVR. Bevor ein Bescheid erteilt werde, benötige man mehr Details.Voraussichtlich werde man aber Norman Bordin als Versammlungsleiter ablehnen.

© SZ vom 22.02.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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