US-Hymne auf die Landeshauptstadt:"Das neue Münchner Gefühl"

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"Ich bin noch nicht so weit, Berlin ganz zu verlassen - aber ich tue es immer öfter." Für den Berliner New-York-Times-Korrespondenten ist München Deutschlands angesagtester Platz.

Nicholas Kulish

"Altmodisch, großväterlich, lange für so cool angesehen wie Polkas auf Cassetten - doch derzeit ist München Deutschlands angesagtester Platz. Und dem, der es neu entdecken will, bietet es mehr als Weißwurst und Weißbier. Für viele Deutsche, vor allem im Norden, grenzt die Behauptung, München sei der place to be, an ein Sakrileg. Diese Stadt polarisiert, regt Menschen auf wie kein anderer Ort in diesem Land. (...). Irgendetwas an Münchens Wohlstand, seiner Selbstzufriedenheit, seiner starken bayerischen Identität und seinem Katholizismus scheint dem Rest des Landes gegen den Strich zu gehen."

München, the place to be: Nicht nur auf dem Oktoberfest fühlen sich Amerikaner wohl. (Foto: Foto: dpa)

"Das älteste aller alten Sprichworte ist, München sei die nördlichste Stadt Italiens. Aber solche Sprüche werden aus gutem Grund so alt - es liegt Wahrheit in ihnen. Einheimische schwärmen über das schmeichelnde südliche Licht, aber wenn es auf die Barock- und Rokoko-Bauten trifft oder auf die atemberaubenden Parks, beginne ich zu begreifen, dass sie recht haben könnten."

Der Mix aus Tradition und neuem Gefühl macht's

"München hat sich nicht neu erfunden. Das würde bedeuten, mit der eigenen Vergangenheit zu brechen. Die Schönheit, die Tradition und eine gesunde Dosis Kitsch sind immer noch so, wie sie damals waren bei diesem unvergesslichen, wenn auch heute etwas im Nebel der Erinnerung liegenden Trip zum Oktoberfest im College. Stattdessen hat die Stadt es geschafft, mich für sie einzunehmen, indem sie Tradition mit einem neuen Gefühl gemischt hat (...). Im Gegensatz dazu kommt Berlins Second-Hand-, von den 80-ern inspirierte Gegenkultur manchmal flach daher, einfarbig, gelegentlich sogar eintönig."

(Über das "Schumann's"): "Alle offenen Fragen werden von vornehmen Kellnern in weißen Jackets und Schürzen beantwortet, die Richter und Geschworene zugleich über die besten Tische sind. Der seriöse ältere Gentleman, der uns bediente, strahlte eine ruhige Autorität aus, würdevoller als der aufgeregte Haufen seiner Kundschaft."

Aus "Munich redux: Germany's hot spot of the moment", erschienen in der New York Times vom 13. April. Der Autor ist Leiter des Berliner Büros des New York Times. Übersetzung: Stephan Handel. Der Originalbeitrag ist unter http://travel.nytimes.com/2008/04/13/travel/13Munich.html abgedruckt.

© SZ vom 16.04.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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