Urteil:Zahnarzt macht den Mund zu weit auf

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Ein Münchner Mediziner darf nicht die Praxisgebühr für seine Patienten bezahlen und damit Werbung machen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Den Mund bitte weit öffnen", sagen Zahnärzte täglich zu ihren Patienten. Doch selber sollten sie ihn besser geschlossen halten. Denn wer all zu vollmundig über seine guten Taten erzählt, kann ganz schnell Ärger mit den Berufskollegen und der Standesorganisation bekommen.

Jedenfalls für deren Geschmack war ein Münchner Zahnmediziner zu oft und stets sehr positiv in einer Münchner Boulevardzeitung dargestellt worden, und zwar immer von demselben Journalisten. Einmal ging es um freiwilligen Notdienst. Ein anderes Mal lautete die Schlagzeile "Münchner Zahnarzt zahlt Praxisgebühr für Patienten". Diese Form der "Werbung und Anpreisung" darf der Zahnarzt künftig weder veranlassen noch dulden, hat nun das Landgericht MünchenI in einem einstweiligen Verfügungsverfahren festgestellt.

In erster Linie Werbung für die Praxis

Die auf Wettbewerbsstreitigkeiten spezialisierte 33.Kammer kritisierte, dass der Zahnarzt die fraglichen Artikel über sich akzeptiert habe, obwohl deren Inhalt und Aufmachung "in erster Linie Werbung für seine Person" gewesen sei. Dem Zeitungsleser sei er als Person dargestellt worden, die das Unverständnis der Patienten über die Praxisgebühr verstanden und nunmehr einen Ausweg gefunden habe, die Patienten von dieser "Bürde des Gesetzgebers" zu befreien. Dazu sei er auf einem Foto als sympathischer Arzt dargestellt worden, bei dem auch der gerade in Behandlung befindliche Patient nicht die gute Laune verliere.

Der Doktor hatte sich vor Gericht zwar darauf berufen, dass er keinen Einfluss auf die redaktionelle Berichterstattung gehabt habe. Vielmehr habe er nur auf Anfrage des Journalisten bestätigt, dass er die Praxisgebühr aus eigenen Mitteln trage. Die Richter ließen sich davon jedoch nicht überzeugen. Sie hielten dem Zahnarzt einen Artikel vor, in dem nur acht Wochen zuvor im Zusammenhang mit einem "freiwilligen Notdienst" gleichfalls sehr positiv und mit dem selben Bild über ihn berichtet worden war.

Nach Einschätzung der Kammer hätte der Arzt erkennen müssen, dass seine Äußerung dieser Zeitung gegenüber, die umstrittene Praxisgebühr für seine Patienten selbst bezahlen zu wollen, "Wellen schlagen" und entsprechend "aufgemacht" erscheinen werde.

Dass ein solcher Artikel werbenden Charakter haben würde, musste dem Betroffenen klar sein, meinten die Richter. "Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ansonsten Teile der Ärzteschaft im Zusammenhang mit den Reformbestrebungen des Gesetzgebers im Gesundheitswesen Einbußen der eigenen Einnahmen beklagen."

Der Zahnarzt, der vom Heilberufegericht bereits mit 5000 Euro Geldbuße belegt worden ist, hatte gegen die nun verhängte einstweilige Verfügung beim Oberlandesgericht München Berufung eingelegt. Dort machte ihm der zuständige Senat jedoch klar, dass sein Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg haben werde. Daraufhin nahm der Zahnarzt die Berufung zurück und akzeptierte jetzt das Urteil des Landgerichts (Aktenzeichen:33O7812/04). Der klagende zahnärztliche Bezirksverband München verzichtete im Gegenzug auf Durchführung eines Hauptsacheverfahrens.

© SZ vom 11.05.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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