Unterhaltsklage eines Homosexuellen:Moral mit zweierlei Maß

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Ein Richter hat die Klage eines Homosexuellen auf Unterhalt abgewiesen, und begründete dies mit der unterschiedlichen Auffassung von Moral bei Hetero- und Homosexuellen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Weil er zwischen der Moral von homo- und heterosexuellen Menschen grundsätzlich einen Unterschied sieht, ist ein Münchner Amtsrichter von einer Anwältin "wegen Besorgnis der Befangenheit" abgelehnt worden. Im Rathaus beklagt die Rosa Liste diesen Vorfall als "besonders krasses Beispiel von Vorur-teilen und Ungleichbehandlung".

Amtsrichter weist Klage zurück. (Foto: Foto: dpa)

Es ging um die Nachwirkungen einer gescheiterten Lebenspartnerschaft. Andreas H. wollte sich von seinem Freund trennen. Eigentlich hat laut Lebenspartnerschaftsgesetz ein Partner in diesem Fall Anspruch auf Unterhalt, falls er nicht selbst dafür sorgen kann.

Andreas H. jedoch lehnte die Ansprüche seines Verflossenen vor Gericht ab. Zur Begründung erklärte er: Dieser habe während der Lebenspartnerschaft eine längerfristige Beziehung mit einem anderen Mann gehabt.

Für den Mann in der schwarzen Robe war dieses Argument offenbar nicht stich-haltig. Er erklärte Andreas H.: "Auch die etwaige Aufnahme von einer partner-schaftswidrigen Beziehung vermag nach Auffassung des Gerichts jedenfalls einen Trennungsunterhaltsanspruch während des ersten Jahres nicht zu beein-flussen, da nach Auffassung des Gerichts in derartigen Kreisen üblicherweise andere Moralvorstellungen vorherrschen als bei ehelichen Lebensgemein-schaften."

Auf den Protest der Anwältin reagierte der Richter gelassen: "Soweit die Beklagtenvertreterin ihre Besorgnis der Befangenheit darauf stützt, ich sei negativ gegenüber Homosexuellen eingestellt, ist dies nicht zutreffend, wäre aber auch völlig unbeachtlich, da beide Parteien homosexuell sind."

Über den Befangenheitsantrag muss nun eine andere Amtsrichterin entschei-den. Bis dahin dürften einige Tage vergehen. Für Thomas Niederbühl, Stadtrat der Rosa Liste, ist der Vorgang ein Beweis dafür, dass Lesben und Schwule doch noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind: "Es ist fast schon zynisch, wenn der Richter bei einem schwulen Paar pauschal einen un-moralischen Lebenswandel unterstellt und den Vorwurf der negativen Voreingenommenheit damit abtut, dass ja Kläger und Beklagter homosexuell seien. Als ob sich das Vorurteil damit aufheben würde."

Die Lebenspartnerschaft sei doch vom Gesetzgeber geschaffen worden, um die Liebe, die gegenseitige Unterstützung und Fürsorge gleichgeschlechtlicher Be-ziehungen anzuerkennen und Diskriminierung abzubauen - "damit Lesben und Schwule in einem rechtlichen Rahmen ein gemeinsames Leben führen können wie heterosexuelle Ehepaare auch".

Doch dieser Gedanke scheine im Amtsgericht München "nicht wirklich angekommen zu sein", meint der Stadtrat. Gerichtssprecherin Ingrid Kaps konnte zu den konkreten Vorwürfen nichts sagen. Wenn ein Richter seine Meinung kund tun wolle, so stehe ihm das im Rahmen der richterlichen Freiheit zu. Derartige Äußerungen könnten dann jeder-zeit durch Rechtsmittel überprüft werden - "das Ergebnis bleibt abzuwarten".

© SZ vom 10.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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