Toni Roiderer:Barocker Genussmensch

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Seit 1989 leitet der Sprecher der Wiesn-Wirte das Hacker-Festzelt. Am Eröffnungssamstag feiert Roiderer seinen 63. Geburtstag.

Christian Mayer

Der "Himmel der Bayern" - so nennt sich sein Festzelt, in dem sich nun 16 Tage lang mehr als 20000 Oktoberfestgäste täglich austoben dürfen. Für ihn ist es keine leichte Aufgabe. Ein Wiesnwirt müsse ein "gestandenes Mannsbild" sein, sagt Toni Roiderer daher gerne auf Bairisch, und damit sind nicht nur die zwei Zentner gemeint, die er selbst auf die Waage bringt.

Das größte Volksfest der Welt ist für den barocken Genussmenschen, der am Eröffnungssamstag seinen 63. Geburtstag feiert, Leidenschaft und Lebensinhalt. Als Sprecher der Münchner Wiesnwirte vertritt er die Interessen seiner Kollegen.

Roiderer war bereits ein gestandener Gastronom, als er 1989 das Hacker-Zelt übernahm. Ein Wirtewechsel auf der Theresienwiese ist immer eine delikate Angelegenheit, doch Roiderer hatte gute Kontakte zur Brauerei. Der Metzgermeister konnte auf seine Erfahrung als Gastronom und auf die Preise verweisen, die er für seine bayerische Küche regelmäßig gewinnt. Seit 1904 gehört der Gasthof zum Wildpark in Straßlach bei München seiner Familie - Roiderers Reich, wenn er nicht auf der Wiesn regiert.

Amtsantritt in schwierigen Zeiten

Das alles aber wäre nicht genug, um ihn als Wirtesprecher zu qualifizieren. Denn Roiderer trat sein Amt 2002 in schwieriger Zeit an: Das Oktoberfest droht zum Opfer seines eigenen Erfolgs zu werden, immer mehr junge Menschen aus aller Welt suchen hier den Rausch, während Einheimische über verstopfte Zelte klagen. Seit dem 11. September 2001 müssen die Wirte außerdem strenge Sicherheitsauflagen erfüllen, ein Heer von schwarz gekleideten Aufpassern wacht seitdem über das Treiben.

Im vergangenen Jahr entbrannte zudem ein heftiger Streit darüber, ob prominente Trachtenträger auf dem Oktoberfest für sich und ihre Produkte werben dürfen. Gabriele Weishäupl, die als städtische Wiesn-Chefin mit Roiderer eng zusammenarbeitet, verschickte zwei Abmahnungen an zwei Festwirte. "Wir brauchen keine Paris Hilton, die bei uns für Dosen-Prosecco wirbt", sagt Roiderer.

Wirte-Einzug wie ein Triumphzug

Bisher hat er es meist verstanden, Konflikte herunterzuspielen und zwischen den Parteien zu vermitteln: "Ich kämpfe für meine Truppe und für die Gäste." Bei der Frage, ob das Oktoberfest zwei neue Zelte verträgt, um den Druck der Massen zu bewältigen, gibt er sich konservativ: Roiderer lehnt eine Ausweitung der Spaßzone strikt ab.

Schließlich ist das Oktoberfest ein grandioses Geschäft für die etablierten Beschicker, auch wenn es seit jeher in der Natur des Wiesnwirts liegt, beharrlich über hohe Betriebskosten und städtische Auflagen zu jammern.

Zunächst einmal aber ist die Eröffnung für Roiderer das höchste der Gefühle. Schon die Einfahrt mit seiner Frau Christl in der blumengeschmückten Kutsche, vorbei an jubelnden Menschen, gleicht einem Triumphzug. Im Zelt selbst setzt Roiderer auf filmreife Effekte: Der Setdesigner und Oscar-Preisträger Rolf Zehetbauer ("Das Boot") hat das Dach in eine weiß-blaue Traumkulisse verwandelt, München leuchtet wie anno dazumal.

Für Roiderer ist der Gipfel bayerischer Bierseligkeit erreicht; seine beiden Söhne stehen bereit, die Rolle des Festwirts eines Tages ähnlich prachtvoll auszufüllen.

© SZ vom 22.09.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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