Studie zum Autofahren:München - Staustadt Nummer eins

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Achtung Staugefahr am Mittleren Ring, stockender Verkehr vor dem Allacher Tunnel: In München leiden laut einer Studie die Autofahrer öfter unter Stop-and-Go als in jeder anderen deutschen Stadt.

Marco Völklein

Stau auf dem Mittleren Ring zwischen Einsteinstraße und Ifflandstraße, stockender Verkehr auf der Eschenrieder Spange und vor dem Allacher Tunnel, Behinderungen auf der A9 am Autobahnende in Schwabing - Autofahrer können die Verkehrsmeldungen im Radio fast schon auswendig mitsprechen.

Ein alltägliches Bild in München: Stau auf dem Mittleren Ring. (Foto: Stephan Rumpf)

Eine Studie des niederländischen Navigationsgeräteherstellers Tomtom bestätigt nun den Eindruck, den viele Pendler beim Radiohören haben: München ist die deutsche Stadt mit den meisten Staus und Behinderungen auf den Straßen.

Das Unternehmen ermittelt über die Navigationsgeräte seiner Kunden ständig anonymisierte Daten über die Verkehrslage auf den Straßen und Autobahnen. Aus diesen Daten können die Computerexperten anschließend herauslesen, wie oft und wo genau die Autofahrer nur schleppend oder auch gar nicht mehr vorankamen. Pro Tag tragen sie so etwa eine Milliarde Daten zusammen.

Aus diesen errechnete die Firma, dass allein 2010 übers Jahr verteilt auf knapp 25 Prozent der Münchner Hauptverkehrsstraßen der Autoverkehr stockte oder stand. Zum Vergleich: In Berlin lag der Wert nur bei knapp 19 Prozent, in Leipzig stockte der Verehr aufs Jahr gerechnet auf zehn Prozent der Straßen.

Immerhin ein kleiner Trost für die Münchner: Im europaweiten Vergleich liegt München lediglich auf dem 25. Platz. An der Spitze rangiert Brüssel mit einer Stop-and-go-Quote von knapp 39 Prozent, gefolgt von Warschau (38 Prozent) und London (35 Prozent). Besonders oft im Stau stehen ohnehin die Briten: Allein 16 der 50 staugeplagtesten Städte Europas liegen auf der Insel. Über das Gesamtjahr 2010 betrachtet verzeichnete München im Februar die höchste Verkehrsbelastung, die niedrigste im Mai.

Allein am 1. Dezember 2010 (ein Tag mit extrem viel Schnee) summierten sich die Staus auf Münchens Hauptstraßen und Autobahnen der Studie zufolge auf 688,5 Kilometer. Die Frage ist nun: Wie lässt sich das Problem lösen?

Die rot-grüne Stadtratsmehrheit setzt auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Förderung des Fahrrads und die Vermeidung von Verkehr. Unter anderem versucht die Stadt, in Neubaugebieten die Wohnviertel, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeit- und Arbeitsstätten nah beieinander anzuordnen. Mit der Parkraumbewirtschaftung ist es ihr nach eigener Darstellung zudem gelungen, Autos aus der Stadt herauszuhalten: Die Zahl der Fahrzeuge, die täglich über den Mittleren Ring in die Innenstadt rollen, sank binnen zehn Jahren von 448.000 auf 406.000. Dennoch fürchten viele, dass der Verkehr weiter wächst; schließlich ziehen bis zum Jahr 2015 laut Prognosen 160.000 Einwohner neu in den Großraum.

Stadt und Freistaat setzen daher auch auf den zweiten S-Bahn-Tunnel, um den Nahverkehr zu ertüchtigen. Gegner bezweifeln aber, dass dies gelingt; zumal die Finanzierung für das Zwei-Milliarden-Euro-Projekt noch unklar ist.

Offen ist ebenso die Frage, wer mögliche weitere Tunnel entlang des Mittleren Rings bezahlt. Mehrere Initiativen fordern eine Untertunnelung etwa in Giesing oder des Englischen Gartens. Rot-Grün lehnt das ab: Für den Bau sei kein Geld da, ebenso wenig für den danach anstehenden Unterhalt der neuen Röhren. Um eine der ärgsten Staufallen zu lösen, setzt die Stadt auf neue Ideen: In den nächsten Wochen wird an der Ifflandstraße eine "Halbampel" installiert. Die soll zumindest den täglichen Stau auf der Kennedy-Brücke mindern.

© SZ vom 02.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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