Pöcking:Abstimmung mit Spielgeld

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Die SPD Pöcking setzt Jetons statt Stimmzettel ein und beruft sich auf neue Vorgaben - Bezirksverband weiß davon aber nichts.

Sylvia Böhm-Haimerl und Wolfgang Prochaska

Die Vorstands- und Delegiertenwahlen der Pöckinger SPD haben ein parteiinternes Nachspiel. Der Ortsverein ließ nämlich nicht per Stimmzettel wählen, sondern per Spieljetons. Ein etwas ungewöhnliches Mittel für eine Wahl. Die Pöckinger SPD beruft sich allerdings auf die neuen Wahlvorgaben des Bezirksverbands Oberbayern. Zudem war das Prozedere mit SPD-Kreischef Stephan Bock abgesprochen.

Beim Bezirk jedoch weiß man von den neuen Wahlkriterien nichts. Auch im Büro des für Starnberg zuständigen Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden Bezirkschef, Klaus Barthel, ist man baff über die ungewöhnliche Wahlmethode. Der SPD-Bezirksverband will nun die Pöckinger SPD befragen, sagte ein Sprecher am Montag. Hätte es nicht die Spieljetons gegeben, die an die anwesenden Mitglieder verteilt wurden, es wäre eine ganz normale Wahl wie in den anderen SPD-Ortsvereinen gewesen. Doch der einstimmig wiedergewählte Ortschef Clemens Heucke und sein Team sowie die Delegierten wurden nicht mit Hilfe der herkömmlichen Stimmzettel, sondern mit Roulette-Jetons gewählt. Der neue Wahlmodus, wonach jedem Kandidaten eine bestimmte Farbe zugeordnet wird und eigene Chips für Stimmenthaltungen ausgeteilt werden, stieß natürlich zuerst auf Kopfschütteln unter den Mitgliedern. Heucke wies jedoch mehrfach darauf hin, dass der Ortsverein keinen Einfluss auf diese Bestimmungen habe. Dies sei die Vorgabe des Bezirks. Und brav wie man bei der Pöckinger SPD ist, wählte man auch nach diesem Modus. Die Pöckinger stehen damit allein auf weiter Flur. In Gilching wählte die SPD kürzlich ihre Delegierten per Stimmzettel, ebenfalls in Weßling am vergangenen Donnerstag. "Was sollen wir mit Spieljetons?", meinte Susanne Mörtl, die im Weßlinger SPD-Vorstand ist. Auch die Starnberger SPD wird heute in ihrer Versammlung den Stimmzettel benutzen.

Bei der Kreis-SPD weiß man immerhin mehr. "Es ist keine Erfindung des Kreisverbands", erklärte der stellvertretende Kreischef Tim Weidner auf Anfrage und versuchte eine Erklärung, die vielleicht doch Licht in das seltsame Abstimmungsgebaren bringen könnte. "Man hat Sorge, dass es zur Anfechtung der Delegiertenwahlen kommen könnte." Gerade in kleineren Ortsvereinen, so seine Erklärung, gebe es die Tendenz, per Akklamation zu wählen. Doch das sei nach dem Wahlgesetz verboten. Laut Weidner waren schon mehrfach Änderungen am Wahlverfahren vorgenommen worden, bislang hatte sich jedoch keine als optimal herausgestellt. "Man hatte es früher einfacher gehandhabt, aber jetzt zieht man die Zügel an und verkompliziert das Ganze, um ja keinen Fehler zu machen."

Der Grund könnte bei den Landtagswahlen 2013 liegen, vermutet Weidner. Offenbar werde befürchtet, dass die Wahlen kurzfristig per Internet angefochten werden, damit die Delegierten nicht abstimmen könnten. Die Wahlen per Jetons sind seiner Ansicht nach ein "sicheres, originelles Verfahren". Ob sie sich allerdings durchsetzen, müsse man abwarten.

© SZ vom 24.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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