Krailling:Verteidiger sieht "Ungereimtheiten"

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Mordfall Krailling: In der Anklageschrift wird Thomas S. Habgier vorgeworfen. Sein Anwalt findet dies nicht nachvollziehbar.

Christian Deussing

KraillingWer hat in der Nacht zum 24. März den Drehknopf der unversperrten Haustür nach links gedreht und ist in die Kraillinger Altbauwohnung eingedrungen, um die acht- und elfjährigen Geschwister Chiara und Sharon grausam zu ermorden? Und hatte es der Unbekannte dabei auch auf die Mutter der Mädchen abgesehen? Die Münchner Staatsanwaltschaft ist überzeugt davon, dass der Onkel der Kinder aus Habgier und wegen Erbstreitigkeiten das Verbrechen begangen hat und klagte daher den 50-jährigen Peißenberger Thomas S. wegen Doppelmordes an. Dagegen sieht der Anwalt des mutmaßlichen Täters, Adam Ahmed, in der 86 Seiten langen Anklageschrift "zahlreiche Ungereimtheiten" - zum Beispiel im Motiv der "Habgier". Das sei für ihn "überhaupt nicht nachvollziehbar", sagte der Münchner Strafverteidiger im Gespräch mit der SZ.

Als "sehr kühne Behauptung" seitens der Staatsanwaltschaft bezeichnet der Anwalt, dass sein Mandant auch dessen Schwägerin in dem Kraillinger Haus umbringen wollte. Ob Thomas S. in der Erbfolge tatsächlich nach den Morden so hätte profitieren können, bezweifelt Ahmed. Zu hinterfragen sei auch die These der einzelnen Täterschaft, und auf welche Weise der Mörder nach Krailling gekommen und wieder verschwunden ist.

Ahmed will auch die Aussagen der Ex-Ehefrau von Thomas S. genau prüfen. Denn einige ihrer Angaben bei den Vernehmungen stünden "nicht im Einklang" mit ihren Äußerungen in Interviews. Ursula S. hatte erzählt, in der Tatnacht von ihrem Mann "ruhiggestellt" worden zu sein und nichts von der Finanznot und der drohenden Zwangsversteigerung ihres Hauses in Peißenberg gewusst zu haben. Die Staatsanwaltschaft betonte hierbei erneut, dass Ursula S. als Zeugin glaubwürdig sei. Auf SZ-Anfrage ließ zudem deren Weilheimer Anwalt mitteilen, dass er auf Anweisung seiner Mandantin derzeit keine Auskünfte erteilen dürfe.

Nach SZ-Informationen hätte Thomas S. womöglich von erheblichen Vermögenswerten aus dem Nachlass der Familie profitieren können: In Aussicht standen offenbar neben einer anteiligen auch eine zweite Eigentumswohnung und ein Aktienpaket. Wie berichtet, waren tatrelevante DNS-Spuren von Thomas S. in Krailling entdeckt worden. Seine Schwägerin war zur Tatzeit nicht zu Hause gewesen. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Peißenberger der Mutter in der Wohnung noch auflauern wollte.

© SZ vom 09.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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