Feldafing: Einspruch gegen den Abstieg:Das letzte Loch

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Der GC Feldafing protestiert gegen den Abstieg aus der Bundesliga. Grund ist ein grotesker Vorfall im letzten Duell des Einzel-Lochwettspiels gegen Frankfurt.

Karl-Wilhelm Götte

Der Golfclub Feldafing gehört zu den wenigen Vereinen, die sich eine Bundesligamannschaft leisten, um für Nachwuchs attraktiv zu sein. Der Aufwand für ein Team mit zehn Spielern, das jedes Jahr nur an einem verlängerten Wochenende den deutschen Mannschaftsmeister ausspielt, ist enorm. Das Finale der besten acht Mannschaften am Scharmützelsee bei Berlin nahm für die favorisierten Feldafinger mit dem Abstieg in die zweite Liga jedoch ein dramatisches und sogar skandalöses Ende. Feldafing hat beim Deutschen Golfverband (DGV) Protest gegen die Wertung des 3,5:4,5 verlorenen Abstiegsspiels gegen den Frankfurt GC eingelegt und fordert eine Wiederholung der Partie.

Jonas Kölbing, Sechster der deutschen Amateurmeisterschaften 2009 in Stuttgart , will mit dem GC Feldafing in der Bundesliga bleiben. (Foto: privat)

Der Protest bezieht sich auf einen geradezu grotesken Vorfall im letzten Duell des Einzel-Lochwettspiels gegen Frankfurt. Der Feldafinger Jonas Kölbing lag im letzten Einzel mit einem Punkt - einem gewonnenen Loch mehr - in Führung. Als Kölbing auf der letzten Spielbahn den Ball mit dem zweiten Schlag quasi "tot" an die Fahne legte, war der 4:4-Ausgleich greifbar nahe. Dann hätte ein Stechen über den Verbleib in der Liga entscheiden müssen. Doch damit begann das Drama vom Scharmützelsee. "Der Ball lag 20 Zentimeter vom Loch entfernt", erzählt Feldafings Mannschaftsführer Lutz Jessen. Kölbing, 25, mehrfacher Bayerischer Meister, schob den Ball nicht mehr ins Loch, sondern nahm ihn, wie zuvor schon praktiziert, mit der Hand auf. Sein Frankfurter Gegner, der wohl auch mit dem dritten Schlag noch nicht eingelocht hätte und die Niederlage gegen Kölbing kommen sah, reklamierte: Er habe, bevor Kölbing den Ball mit der Hand aufgehoben habe, nicht "geschenkt" gesagt.

Der Schiedsrichter entschied, dass Kölbing mit einem Strafschlag weiterspielen könne. Das lehnten sowohl Kapitän Jessen als auch Kölbing ab. Der umgehend eingelegte Protest der Feldafinger wurde freilich abgewiesen. "Obwohl der Schiedsrichter eine Fehlentscheidung getroffen hatte", zeigt sich Jessen immer noch verwundert. Ein Blick ins umfangreiche Regelwerk hatte ergeben, dass im Lochwettspiel kein Strafschlag verordnet wird, wenn ein Spieler den Ball aufnimmt. Kölbing hätte den Ball einfach wieder hinlegen und ihn ins Loch schieben können. Damit hätte er das Duell gewonnen und für seine Mannschaft das Stechen erreicht. "Die Jury entschied jedoch auf Tatsachenentscheidung", so Jessen. Damit gewannen die Frankfurter, die inzwischen bereits abgereist waren, das Abstiegsspiel und schickten Feldafing nach fünf Jahren, in denen der Club vom Starnberger See Zweiter und Dritter war, in die 2. Bundesliga zurück. Feldafing hat dagegen schriftlich Protest beim DGV eingelegt. "Wir wollen eine Wiederholung oder ein Stechen", fordert Jessen. Doch auch vier Wochen nach dem Vorfall gibt es noch keine Entscheidung des Verbands.

Jessen plant inzwischen zweigleisig. Dabei hatte er doch in diesem Jahr für die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft das vermeintlich beste Feldafinger Team aller Zeiten zusammengestellt, das dem badischen Seriensieger GC Sankt Leon-Rot - einem Projekt von Dietmar Hopp, der schon die Fußballer der TSG Hoffenheim groß gemacht hat - Paroli bieten sollte. Sechs Spieler aus dem Zehnerteam hatten ein Plushandicap vorzuweisen, doch als es ernst wurde, spielten die meisten von ihnen weit unter ihren Möglichkeiten. "Das hat mich maßlos enttäuscht", sagte Jessen nach dem siebten und vorletzten Platz in der Zählspiel-Qualifikation. Nur Kölbing überzeugte mit 70 Schlägen auf dem Par-72-Kurs; David Gersztein (77), Anton Steinbeck (75) und Sebastian Kannler (76), den Jessen extra noch vom GC Olching abgeworben hatte, blieben hinter den Erwartungen zurück. Noch mäßiger schnitten Florian Schweitzer (82) und Felix Watz (Handicap 0,4) ab, der mit 83Schlägen gar nicht mehr in die Wertung kam. Danach folgten zwei Lochwettspielflops gegen Sankt Leon-Rot(4:8) und eben gegen Frankfurt - mit dem bekannt kuriosen Finale.

Jessen ist frustriert. "Ich habe alles gemacht für die Jungs." Im April gab es ein zehntägiges Trainingslager in der Türkei, jeder Spieler erhielt einen Trainings- und Ernährungsplan. "Angeschaut hat den wohl keiner", knurrt Jessen. Zudem hatte er mit Robert Baumann einen Physiotherapeuten besorgt, der bereits Bernhard Langer betreut hat. Insgesamt investierte der GC Feldafing, der einzige bayerische Klub im Oberhaus, mehr als 10000 Euro. "Trotzdem ist bis auf Kölbing kaum einer richtig fit gewesen", sagt Jessen ungehalten. Er sei wohl "zu gutmütig" gewesen.

Die Spieler haben Besserung gelobt und wollen 2011 die sofortige Rückkehr in die Bundesliga anpeilen. Ob der Verein dafür noch einmal so viel Geld ausgeben wird, ist ebenso offen wie der Ausgang des Protests.

© SZ vom 18.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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