Skandal um Pasinger Jugendheim:"Ich fühle mich verarscht!"

Lesezeit: 2 min

"Gebaute Pädagogik" hieß es bei Eröffnung des Jugendhilfezentrums. Trotz eines 3,40 hohen Zaunes konnten Jugendliche entweichen. (Foto: Stephan Rumpf)

Das sozialpsychiatrische Jugendhilfezentrum in der Pasinger Scapinellistraße musste nach nur acht Monaten Betrieb vorübergehend geschlossen werden. Nun wird heftige Kritik am Sozialreferat laut.

Von Jutta Czeguhn

Das Sozialreferat gerät zusehends unter Druck, seit bekannt ist, dass das sozialpsychiatrische Jugendhilfezentrum in der Pasinger Scapinellistaße nach nur acht Monaten Betrieb vorübergehend geschlossen werden musste. Vertreter von CSU und SPD fordern Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) und Stadtjugendamtsleiterin Maria Kurz-Adam auf, endlich persönlich Stellung zu nehmen.

Aus der hochgesicherten Einrichtung für Intensivtäter mit dem Potenzial, sich selbst und andere zu gefährden, waren im vergangenen halben Jahr immer wieder Jugendliche entwichen. Ende Dezember 2012 hatte das Sozialreferat die Vorkommnisse dann bestätigt und den Belegungsstopp mit einer "Feinjustierung des pädagogischen Konzepts" begründet.

"Ich habe die Sozialreferentin x-mal daraufhingewiesen, dass es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn sie das Ganze nicht irgendwann in der Zeitung lesen will", wetterte am Dienstag SPD-Stadtrat Christian Müller in der Sitzung des Bezirksausschusses Pasing-Obermenzing, den er als Vorsitzender auch leitet.

Müller räumte ein, von den Vorfällen im Heim "schon relativ frühzeitig" gewusst zu haben. Er selbst habe die Sache deshalb nicht öffentlich gemacht, weil er seine Informanten vor "persönlichen Nachteilen" habe schützen wollen. Zudem habe für die Menschen, die in der Nachbarschaft des Heims leben, zu keinem Zeitpunkt Gefahr bestanden. Grundsätzlich teile er die Kritik seiner CSU-Kollegen im Gremium in vollem Umfang: "Ich fühle mich genauso verarscht wie ihr!"

Andreas Danassy, Sprecher des Sozialreferats, weist Müllers Kritik zurück. Sobald die Probleme aufgetreten seien, habe man reagiert und eine externe Fachberatung hinzugezogen: Die Planungsgesellschaft PETRA. Als das Ergebnis der Evaluation vorgelegen habe, sei man umgehend an die Öffentlichkeit gegangen. Er meint den Text "Sozialreferat in eigener Sache: Belegungsstopp im Jugendhilfezentrum an der Scapinellistraße" vom 20. Dezember 2012 in der Rathausumschau. Am gleichen Tag war in der SZ ein Artikel zum Thema erschienen, tags zuvor einer im Münchner Merkur. Danassy bestreitet, dass erst auf die Presseartikel hin reagiert wurde.

"Umgehend" werde man nun auch die Fragen beantworten, die in der Pasinger BA-Sitzung am Dienstag von der CSU-Fraktion gestellt wurden: Wie konnte dazu kommen, dass Jugendliche das geschlossene Areal ohne Erlaubnis verlassen konnten? Wie wird sichergestellt, dass ähnliche Probleme nicht wieder entstehen? Die CSU kritisiert auch, dass der Bürgerbeirat, den das Sozialreferat eigens eingerichtet hat, um bei den Menschen im Stadtteil die Toleranz gegenüber dem Jugendhilfezentrum zu steigern, nicht über die Probleme informiert wurde. Laut Danassy habe man erst die Ergebnisse der PETRA-Studie abwarten wollen. Er kündigt an, dass Sozialreferentin Meier in die für den 29. Januar angesetzte Bürgerbeiratssitzung kommen werde. Zudem stehe Jugendamtsleiterin Kurz-Adam "bei Bedarf" im Bezirksausschuss Rede und Antwort. Einen Bürgerbrief an die Anwohner werde es allerdings nicht geben.

© SZ vom 10.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: