Schülerinnen schauen "Schulmädchen":"So peinlich!"

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Die Darstellerinnen zu alt, die Themen unglaubwürdig - Lacher bekommt die Serie "Schulmädchen" bei realen Schülerinnen nur für Sprüche wie: "Wer hat euch denn in die Synapsen geschissen?"

Von Anja Burkel

Erst die Nase pudern. Sodann üppig Lidschatten über die Augen, ordentlich Rouge, dick Lippenstift. Gigantische Kreolen an die Ohren, Haarspray, Minirock, Glanzstrumpfhosen, Stöckel an die Fersen. Nicht sparen mit der Wimperntusche! Und noch was Transparentes über den Gucci-BH. Fertig! Jetzt noch die farblich abgestimmte Schultasche.

In der schminkkastenbunten RTL-Serie "Schulmädchen" sehen die Hauptdarstellerinnen so aus, als führe der Weg ins Klassenzimmer direkt durch einen Frisiersalon. "Hier dreht sich alles um das Lebensgefühl junger Teenager", heißt es auf der Homepage des Senders. Finden Schülerinnen das auch?

"Ja klar," ruft Alina Lester und lacht, "genau so geh ich auch jeden Tag in die Schule! Besonders, wenn's morgens schnell gehen muss." Alina ist 17 und Redakteurin der Schülerzeitung "Schulmädchenreport" am Bertolt-Brecht-Mädchengymnasium.

Sonst führt das Blatt Interviews mit Lehrern und bestückt etwa die Rubrik "Das Duell" mit konträren Meinungen zu Alltagsdingen (Pferdeschwanz gegen "Haare offen"). Am vergangenen Freitag guckte die Redaktion für die SZ die dritte Folge der Serie, angesiedelt an einem fiktiven Münchner Gymnasium, gedreht in einem brachliegenden TU-Gebäude an der Karlstraße.

Der Inhalt im Groben: "Cara" hat mit ihrem Freund das Kamasutra-Programm durch, schlägt nun eine "Ménage a trois" vor und muss mitansehen, wie ihr Kerl dabei schwul wird.

"So'n bisschen auf amerikanisches Schulsystem gemacht, oder?", vermutet Annelie, 16. Allein, dass es einen umschwärmten Kapitän der Ringermannschaft gibt und der Unterricht in den Nachmittag hineinreiche - damit alle Liebesdinge in Ruhe aufgedröselt werden können. "Als wär das einzige Gesprächsthema in den Pausen Sex." Und dann, dass man "Spanisch", "Polnisch" oder "Kisuaheli" wählen kann!

In der Fernsehserie wird spekuliert, in welcher Aufmachung man ins P1 reinkommt - "Uhh!" ruft eine Bert-Brecht-Gymnasiastin und klappt sich die Hand auf die Stirn. "Laura" trippelt im Schaufensterpuppenlook über den Bildschirm - "Die sieht aus wie 'ne Schülerin, sicher", ruft die 16-jährige Lisa. Auftritt Simone Hanselmann alias "Stella": Viel zu alt für die Schule sei die! "Vielleicht 30" - "Na, so alt auch wieder nicht." - "Aber vielleicht Mitte, Ende 20."

Schließlich hat Frau Hanselmann schon eine andere Serie hinter sich. "Die war bei GZSZ erst schizophren und dann magersüchtig." Mal rufen die Schülerinnen "Sooo schlecht!", an anderer Stelle "So peinlich!".

Ein bisschen auf "Sex and the City" getrimmt sei das, findet Lisa. "Du willst das doch wohl nicht vergleichen!", ruft Alina. Und Bianca findet: "Das ist eine American-Pie-Nachahme." Annelie findet die Serie rein stilistisch an Softpornos erinnernd. "Aber dann sehr sehr soft", ruft Lisa.

Vielleicht sei "Schulmädchen" eher was für Männer. Eine der Gymnasiastinnen hatte ihrem Vater und ihrem Freund Folge 2 gezeigt - das männliche Testpublikum war begeistert. Eine Mutter dagegen konnte gar nicht schnell genug auf den roten Knopf der Fernbedienung drücken.

Über die Serie gab es viel Unmut. Die bayerische Kultusministerin wollte den Namen des "Franz-Josef-Strauß"-Gymnasiums geändert wissen. Der Philologenverband forderte gar das Ende , weil junge Frauen auf die Themen Sex und Klamotten reduziert würden.

Och ja, finden die Redakteurinnen des "Schulmädchenreports": So verderbend sei die TV-Serie nun auch wieder nicht. Während einer spaßig angedeuteten Sexszene reden sie über Fahrstunden. Ein paar Lacher kriegt die Sendung aber doch. Zum Beispiel für den Spruch "Wer hat euch denn in die Synapsen geschissen?"

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