S-Bahn-Tunnel:Kein Geld für die Spange

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Die Bahn hat für die so genannte Sendlinger Spange in den nächsten fünf Jahren kein Geld. Die Konsequenz: Der Ausbau im Süden ist teils gefährdet, teils hinfällig.

Von Klaus Ott

Bei der S-Bahn häufen sich die Probleme. Erst versagten bei der Einführung der 10-Minuten-Taktes die Computer im Stellwerk. Dann wurde bekannt, dass die Deutsche Bahn (DB) mit deutlich höheren Kosten für den zweiten Tunnel rechnet: fast 1,7 Milliarden Euro statt der bislang kalkulierten eine Milliarde.

Und nun ist auch noch der Ausbau im Süden teils gefährdert, teils sogar schon storniert. Die DB hat laut internen Unterlagen für die so genannte Sendlinger Spange in den nächsten fünf Jahren kein Geld. Die Konsequenz: "Realisierung erfolgt nicht innerhalb dieses Zeitraums."

So steht es im neuen, bis 2009 gültigen Finanzplan der Bahn, den der Vorstand verabschiedet und dem Aufsichtsrat vorgelegt hat. Das hat drastische Folgen für das gesamte System der S-Bahn. Über die Sendlinger Spange sollten bei Störfällen im Tunnel zwei Linien von Westen kommende Linien zum Heimeranplatz und zum Harras geleitet werden, damit die Fahrgäste dort Anschluss zu mehreren U-Bahnen erhalten.

Die Abzweigung zum Heimeranplatz ist weitgehend fertig, doch für die Verlängerung zum Harras fehlt offenbar das Geld. Dort wären ein weiterer Bahnsteig und neue Gleise nötig. 36,4 Millionen Euro waren bei der DB für die Sendlinger Spange bislang vorgesehen, nun sind bis 2009 nur noch 1,3 Millionen Euro übrig geblieben. "Die Planungen laufen weiter", erklärte ein Bahnsprecher. Zu mehr dürfte der Mini-Etat auch nicht reichen.

Der Freistaat hat keinen Bedarf

Bereits storniert hat die DB den Ausbau im Süden für einen 20-Minuten-Takt der S 20 vom Hauptbahnhof durch Sendling nach Deisenhofen. Der Grund: kein Bedarf beim Freistaat, der den Nahverkehr organisiert und finanziert.

Der Freistaat hat der DB nach deren Angaben mitgeteilt, es gebe nicht genügend Fahrgäste für einen dichteren Takt anstelle der bisherigen, stündlichen Verbindungen. Das habe eine Untersuchung ergeben, deshalb bleibe es beim Ein-Stunden-Takt.

Da der Freistaat keine zusätzlichen Züge bestellt, genügen laut DB die vorhandenen Gleise. Hinfällig ist damit auch der Bau einer neuen Haltestelle für die S-Bahn an der Menterschwaige mit Anschluss an die Straßenbahn nach Grünwald.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hält das alles für falsch und fordert eine Kehrtwende in der Münchner Nahverkehrspolitik. Der früher diskutierte Südring sei als zweite Stammstrecke jetzt wieder aktuell, nachdem ein weiterer Tunnel viel teurer werde als geplant.

"Die Fahrgäste brauchen eine klare Perspektive statt ein jahrelanges Gezerre um unbezahlbare Maßnahmen", sagte ein Sprecher von Pro Bahn. Der Tunnel sei gewissermaßen schöngerechnet worden. Nun bewahrheite sich, dass der Südring billiger und sinnvoller sei.

Wiesheu ist sprachlos

Die schlechten Nachrichten machen Bayerns Verkehrsminister Otto Wiesheu nahezu sprachlos. Ihm war nach eigenen Angaben die drastische Kostensteigerung beim zweiten Tunnel bisher nicht bekannt; Wiesheu will die Zahlen der DB daher auch nicht kommentieren. Er halte an dem Projekt aber fest. Ein weitere Stammstrecke für die S-Bahn sei unbedingt notwendig, sagt der Minister.

Die Grünen fordern, Wiesheu müsse endlich Transrapid aufgeben, der den Hauptbahn mit dem Flughafen verbinden soll - ebenfalls ein Milliardenprojekt. Die Bundesregierung könne nicht, wie von Wiesheu verlangt, größtenteils sowohl den zweiten Tunnel für die S-Bahn wie auch die Magnetschwebebahn bezahlen, kritisiert der bayerische Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt von Bündnis 90/Die Grünen. "Das ist blanke Illusion."

Der Freistaat solle einen Teil der Mehrausgaben für die S-Bahn selbst begleichen, indem Wiesheu Nahverkehrsmittel, die er beim Transrapid ausgeben wolle, für den zweiten Tunnel verwende. Schmidt: "Sonst werden die Fluggäste, die den Transrapid bekommen, auf Kosten der vielen Fahrgäste bevorzugt, die auf die S-Bahn angewiesen sind."

© SZ vom 16.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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