Rot-Schwarze Koalition:Tunnel statt Transrapid

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Der Transrapid ist tot, es lebe der Mittlere Ring: In einer ungewöhnlichen Koalition wollen OB Christian Ude (SPD) und der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler die Münchner Verkehrspolitik neu aufstellen. Bayerns Verkehrsminister Otto Wiesheu (CSU) tobt.

Von Dominik Hutter

Das neue Politikergespann fordert einen Stopp der "unsinnigen Planung" und Umwidmung der Gelder. Das Ziel: Die 550 Millionen Euro, die im Bundeshaushalt für den Transrapid reserviert sind, sollen in den Ausbau des Mittleren Rings umgeleitet werden. Verkehrsminister Wiesheu beklagt dagegen, ein derartiger Populismus habe "bestenfalls" zur Folge, dass Berlin das Geld ganz einziehe.

Statt der "ja immer hypothetischeren Förderung" des Transrapids solle doch die Münchner Wirtschaft und Bevölkerung "auf eine zielführendere Art und Weise" unterstützt werden, appelliert Gauweiler in einem Schreiben an Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD).

Die derzeit "blockierten und stillgelegten Mittel" für eine Technik, die ihre Vorteile als "Vorstadtbahn" ohnehin nicht ausspielen könne, sollten lieber für die beschleunigte Fertigstellung der Tunnel-Bauwerke Richard-Strauss-Straße und Luise-Kiesselbach-Platz verwendet werden.

Dazu allerdings muss die Stadt mit ins Boot. Bei derartigen Projekten decken Bundesmittel stets nur einen Teil der Baukosten ab, erfahrungsgemäß zwischen 40 und 60 Prozent. Für die Bereitstellung des noch fehlenden städtischen Anteils will erklärtermaßen Ude kämpfen, der Gauweilers Initiative als "wertvollen Denkanstoß" empfindet und nun "alles tun" will, damit der Stadtrat auf Mittlere-Ring-Linie kommt.

Vorstoß von langer Hand geplant

Da es "jetzt auch der CSU-Prominenz dämmert, dass das Transrapid-Projekt in der Sackgasse steckt", sei es höchste Zeit, die Vergeudung weiterer Millionen für Planung und Werbung zu stoppen. Der Vorstoß war offenkundig von langer Hand geplant. Ude bestätigte, sich bereits bei diversen Treffen mit Gauweiler über eine Umschichtung der Transrapid-Gelder unterhalten zu haben.

Der Ausbau des Mittleren Rings geht auf ein Bürgerbegehren im Jahr 1996 zurück und gilt bis heute in Expertenkreisen als absolut unumgänglich. Damals sprach sich eine Mehrheit der Münchner für den Bau von Tunnels am Petuelring, an der Richard-Strauss-Straße sowie am Luise-Kiesselbach-Platz aus. Ersterer wird bereits befahren, während die Röhre im Münchner Osten derzeit im Bau ist. Geplante Fertigstellung: 2009.

Der Baubeginn für das 300-Millionen-Projekt im Münchner Südwesten hingegen wurde aus finanziellen Gründen schon mehrfach verschoben - zuletzt ins Jahr 2009, was eine Eröffnung erst für 2015 wahrscheinlich macht. Bis dahin liegt dann das Bürgerbegehren schon 19Jahre zurück.

Baugenehmigung liegt bereits vor

Der Planfeststellungsbeschluss, wie die Baugenehmigung bei Verkehrsprojekten heißt, liegt bereits vor. Demnach soll eine 1,5 Kilometer lange Röhre von der Garmischer Straße (Höhe Westpark) bis südlich des Luise-Kiesselbach-Platzes entstehen, gefolgt von einem Trog plus 600-Meter-Tunnel in der Heckenstallerstraße.

Der Tunnel Südwest gilt nicht zuletzt wegen der 2005 erwarteten Fertigstellung des Autobahnrings West als überfällig. In seinem Bereich sind heute schon bis zu 120.000 Autos pro Tag unterwegs.

Unklar ist noch, was mit dem Rest des 550-Millionen-Euro-Postens geschehen könnte, der beim Tunnelbau vermutlich nicht aufgebraucht wird. Während sich Gauweiler für einen Planungsbeitrag zu einer Transrapid-Verbindung zwischen Berlin und Moskau einsetzt, hat Ude schon einmal vorsorglich den öffentlichen Nahverkehr, vor allem die S-Bahn, ins Gespräch gebracht.

Der erklärte Transrapid-Befürworter Wiesheu reagierte mit scharfen Worten auf die Initiative seines Parteifreunds. Die Umschichtungs-Idee sei "sehr populistisch, aber unrealistisch", da das Berliner Geld zweckgebunden sei und im Falle eines Transrapid-Stopps von Finanzminister Hans Eichel (SPD) eingezogen werde.

Im Übrigen sei der Vorschlag einer Magnetbahn von Berlin nach Moskau nicht neu und habe "vermutlich mit seiner erneuten Publizierung seinen Zweck erfüllt". Wiesheu hält "das, was vielleicht als Vision gedacht war", mangels Passagieraufkommens für eine "Seifenblase".

© SZ vom 30.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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