Rechtsextremismus:Stadt verbietet Kundgebung von Neonazis

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Die geplante Demo am Eröffnungstag des Jüdischen Gemeindezentrums sie eine "Verhöhnung der Opfer des Holocaust".

Berthold Neff

Die Stadt hat eine von Neonazis ausgerechnet für den 9. November geplante Kundgebung auf dem Marienplatz aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verboten.

München verbietet Neonazi-Aufmarsch für 9. November. (Foto: Foto: ddp/sueddeutsche.de)

Die vom Rechtsextremisten Norman Bordin angemeldete Mahnwache trage zwar den Titel "17. Jahrestag des Mauerfalls", in Wahrheit jedoch wollten die Neonazis der "Opfer des Hitler-Putsches" vom 9. November 1923 gedenken.

"Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen", sagte Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle gestern vor der Presse. Vor allem auch, weil zur gleichen Zeit das Neue Jüdische Gemeindezentrum am St.-Jakobsplatz eröffnet werde, sei die öffentliche Ordnung durch ein solches "verherrlichendes Gedenken" konkret gefährdet.

Der KVR-Chef sagte, Bordin habe im vorigen Jahr, als er ebenfalls am 9. November angeblich des Mauerfalls gedenken wollte, Namen der beim Hitler-Putsch vom 9. November 1923 Getöteten verlesen. Die strafrechtliche Bewertung dieser Aktion durch die Staatsanwaltschaft München I, die damals zugegen war, stehe noch aus. Aufgrund dieser Erfahrung sei aber davon auszugehen, dass die nun angemeldete Kundgebung nur eine Tarnveranstaltung sei.

"Rechsextremist und Schlüsselfigur"

Es sei damit klar, dass bei dieser Versammlung mit einer "Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise zu rechnen ist".

Bordin sei als "Rechsextremist und Schlüsselfigur der südbayerischen Szene hinreichend bekannt". Er sei durch Straf- und Gewalttaten aufgefallen und deswegen bereits zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach SZ-Informationen steht Bordin am kommenden Montag erneut vor Gericht, diesmal wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Blume-Beyerle zufolge kommt dem 9. November gerade in München, von den Nazis zur "Hauptstadt der Bewegung" ernannt, eine "einzigartige Symbolkraft" zu. Hier habe NS-Propagandaminister Joseph Goebbels am 9. November 1938 mit einer Hetzrede im Alten Rathaussaal den Pogrom gegen jüdische Mitbürger eingeleitet.

Weltweit werde der 9. November zum Anlass genommen, um an das Schicksal der Opfer des Holocaust zu erinnern. Gerade auch deshalb wurde der 9. November als Tag für die Einweihung des Neuen Jüdischen Gemeindezentrums gewählt.

"Erhebliche Provokationswirkung"

Als Ehrengäste zur Eröffnung der Hauptsynagoge würden unter anderen Bundespräsident Horst Köhler sowie der Vorsitzende des Jewish World Congress, Edgar M. Bronfman, erwartet. Vor diesem Hintergrund hätte eine rechtsextreme Versammlung an diesem Tag "eine erhebliche Provokationswirkung". Erhielten Neonazis an diesem Tag ein Forum, käme dies "einer Verhöhnung der Opfer des Holocaust" gleich.

Bordin bekam den Ablehnungsbescheid bereits am Donnerstag zugestellt. Es ist anzunehmen, dass die Rechtsextremen dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagen. Voraussichtlich wird das KVR auch eine Kundgebung der "Sozial Nationalen Alternative" verbieten, die ebenfalls für den 9. November unter dem Motto "Ruhm und Ehre den 16 toten Helden" angemeldet worden war.

© SZ vom 21.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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