Reaktionen auf neue CSU-Affäre:"Es ist eine einzige Katastrophe"

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Die Verstrickungen der Münchner CSU-Spitze in dubiose Geschäfte rufen in der Partei Entsetzen hervor.

Von Jan Bielicki

Die Verwicklungen von Parteischatzmeister Ralph Burkei in dubiose Geschäfte eines Fondsverkäufers haben in der Münchner CSU große Aufregung verursacht. Bereits am Freitagabend traf sich der engere CSU-Stadtvorstand zu einer Krisensitzung im Kultusministerium von Parteichefin Monika Hohlmeier.

Zuvor hatte Hohlmeier ihrem Schatzmeister das Vertrauen ausgesprochen: "Bei uns leistet Ralph Burkei als Schatzmeister gute Arbeit", sagte Hohlmeier der SZ, "dafür hat er auch auf dem letzten Wahlparteitag 97 Prozent der Stimmen bekommen." Burkei sei "in der Partei sehr respektiert."

Andere führende Christsoziale reagierten, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand, "entsetzt" auf Berichte über die Verstrickungen des Schatzmeisters. Burkei, aber auch der stellvertretende Parteivorsitzende Aribert Wolf haben nach SZ-Recherchen eng mit einem Unternehmen zusammengearbeitet, das mit zweifelhaften Methoden Fonds und Ausbildungsseminare verkauft (siehe SZ vom 28. Mai).

"Bei uns schütteln unsere Leute nur noch den Kopf", berichtet ein CSU-Ortsvorsitzender. "Es ist eine einzige Katastrophe", klagt ein anderer. "Unsere Mitglieder fühlen sich wie auf einem sinkenden Schiff", meint ein Dritter.

Denn die Geschäfte des Schatzmeisters sind nicht das einzige Thema, mit dem sich die Parteispitze auseinandersetzen muss. Die Vorstandsrunde beriet auch über die neuen, für die CSU unangenehmen Erkenntnisse, die der Prozess um die so genannte Fälschungsaffäre im christsozialen Kreisverband 9 im Münchner Osten zutage brachte.

Dort zeigte sich das Gericht am Donnerstag in einem Urteil gegen zwei Angeklagte, die Mitgliedsanträge gefälscht hatten, überzeugt davon, dass der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Haedke den Kauf von neuen Mitgliedern und deren Stimmen angeregt und dafür Geld gegeben hatte.

Das sei "eine Schweinerei" gewesen, sagte Richterin Petra Axhausen in ihrer Urteilsbegründung. Haedke, ehemals Stadtchef des CSU-Jugendverbandes Junge Union, gehört als Schriftführer auch dem engeren Parteivorstand an. Erst vor neun Tagen hatte in diesem Gremium einige führende Mitglieder, darunter auch Partei-Vize Wolf, auch für Haedke Konsequenzen aus der Mitgliederkaufaffäre gefordert.

Unter Parteivorständlern kursieren unterdessen verschiedene Verdächtigungen, die erklären sollen, warum Burkeis Geschäfte jetzt öffentlich wurden: Damit habe die Haedke-Fraktion von dem Mitgliederkauf ablenken und sich vor allem an Wolf als Wortführer eines harten Kurses gegen die Stimmenkäufer rächen wollen.

Die Beschädigung Burkeis, bisher laut Aussagen führender Christsozialer "graue Eminenz" hinter Monika Hohlmeier, habe man dabei in Kauf genommen. Eine andere durch die Partei geisternde Theorie verdächtigt Hans Podiuk, Chef der Rathaus-CSU und als abgewählter Kreisvorsitzender im Münchner Osten Leidtragender der Mitgliederkauf-Affäre, heimlich auf Burkeis Geschäfte aufmerksam gemacht zu haben.

Damit habe Podiuk dem Schatzmeister schaden wollen, weil der den Auftrag hat, die Kassen in CSU-Verband des gestürzten Kreisvorsitzenden zu prüfen. Inzwischen werden die Vorschläge zur Sanierung der skandalgerüttelten München-CSU verzweifelter: Man möge den Münchner Bezirksverband doch auflösen und im CSU-Bezirk Oberbayern aufgehen lassen, heißt eine Anregung in der Partei. Die Vorstandssitzung war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet.

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