Rassismusvorwürfe gegen U-Bahn-Wache:"München braucht keine verhinderten Rambos"

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Es geht um Rassismus, ausländerfeindliche Äußerungen und eine "Atmosphäre der Angst" im Kollegenkreis: Ein anonymer Ex-Mitarbeiter der U-Bahn-Wache erhebt schwere Vorwürfe gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Die Attackierten reagieren gereizt.

Von Bernd Kastner

Ein "einwandfreier Leumund" ist Voraussetzung, um im Münchner Untergrund auf Streife gehen zu dürfen. Das verlangt die U-Bahnwache von ihren Sicherheitsmitarbeitern. Nun aber gibt es Zweifel, ob tatsächlich alle der 140 Beschäftigten sich so verhalten, wie das Fahrgäste und Kollegen erwarten. Die Grünen im Stadtrat haben Vorwürfe eines ehemaligen U-Bahnwachen-Mitarbeiters publik gemacht, von Rassismus ist da die Rede, ausländerfeindlichen Äußerungen und einer "Atmosphäre der Angst" im Kollegenkreis: Eine Gruppe von zehn bis 15 Mitarbeitern verbreite eine feindselige Stimmung. Die Stadtwerke, denen die U-Bahnwache mehrheitlich gehört, weisen die Kritik vehement zurück.

Die Vorwürfe sind, bislang zumindest, weder belegt noch sonderlich konkret, dafür aber umso pikanter. Viele Münchner erinnern sich noch an die Zeit, als "Schwarze Sheriffs" im Untergrund für Ruhe und Ordnung sorgen sollten, tatsächlich aber oft das Gegenteil bewirkten. Das ist 24 Jahre her, das sollte sich nicht mehr wiederholen. 1988 wurde deshalb die U-Bahn-Bewachungsgesellschaft gegründet, mit der alles besser werden sollte.

Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich betont, dass ihr Informant, ein ehemaliger Mitarbeiter, der anonym bleiben will, einen sehr seriösen und glaubwürdigen Eindruck auf sie gemacht habe. Deshalb habe sie in Form eines Antrags im Stadtrat die Vorwürfe publik gemacht mit dem Ziel, diese aufzuklären. Der Informant, dessen Vertrag nach einem Jahr bei der Wache nicht verlängert worden sei, habe auch Schriftverkehr vorgelegt, aus dem hervorgehe, dass er seine Kritik zunächst intern angebracht habe.

Als sich nichts verbessert habe, habe er die Grünen kontaktiert. Die wissen zwar, dass auch sie derzeit nichts belegen können, wagen sich aber weit nach vorne: "München braucht eine bürgernahe U-Bahnwache mit Verständnis für die multikulturelle Realität einer Großstadt - und keine verhinderten Rambos, die gerne Pistolen zur Schau stellen." Dominik Krause, Chef der Grünen Jugend, sagt das und fordert, die Wache ganz unters Dach der Stadt zu holen, sodass das Rathaus direkten Einfluss auf das Personal habe. Die Rathaus-Grünen wollen zunächst die Prüfung der Vorwürfe abwarten, ehe sie dies fordern.

Die Attackierten reagieren gereizt: "Unseriös und unakzeptabel" sei die Kritik. Und "fragwürdig" die Idee, die U-Bahnwache in die Stadtverwaltung zu verlagern, wo sie noch nie angesiedelt gewesen sei. Die Stadtwerke (SWM) hätten als Mehrheitsgesellschafter ohnehin eine bestimmende Stellung. Lässt man sich von U-Bahnwachen-Geschäftsführer Rainer Cohrs die Struktur der Firma genauer erklären, erfährt man von eher komplizierten Verhältnissen. Die U-Bahn-Bewachungsgesellschaft (MUG) gehört zu 51 Prozent den SWM, zu 49 Prozent der "Securitas Sicherheit & Service GmbH" aus dem Securitas-Konzern.

Alles werde geprüft

Die MUG selbst verfüge über kein eigenes Personal, so Cohrs. Er selbst werde von den SWM bezahlt, sein Ko-Geschäftsführer von der Securitas. Die etwa 140 Männer und Frauen, die in ihren blauen Uniformen im Untergrund auf Streife gehen, seien ebenfalls bei der Securitas angestellt. Das operative Geschäft werde von einem Betriebsleiter gemanagt, auch er ein Securitas-Mitarbeiter. Grund für diese Konstruktion sei, dass sich die Stadtwerke nicht als Security-Unternehmen gerieren wollten, sie andererseits über eine gemeinsame Firma einen direkteren Einfluss auf das Personal hätten, als wenn man Securitas einfach nur beauftrage.

Cohrs betont, dass er sich über alle Kundenbeschwerden informieren lasse, auch über gravierende Auseinandersetzungen unter Kollegen. In den vergangenen drei Jahren hätten sich nur 60 Kunden beschwert, davon ein oder zwei wegen angeblich rassistischer Äußerungen. Aus dem Mitarbeiterkreis wisse er von zwei Mobbingvorwürfen. Alles werde geprüft. Derzeit habe er aber keinen Hinweis darauf, dass die von den Grünen veröffentlichten Vorwürfe zuträfen. Wahr aber sei, dass ein ehemaliger Schwarzer Sheriff noch immer bei der U-Bahnwache Dienst tue, mittlerweile in einer Führungsposition. Dieser Mann arbeite seit 25 Jahren einwandfrei.

© SZ vom 28.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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