Radl-Tuning:Aufgepimpt auf den Bike-Olymp

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Tiefergelegte Autos waren gestern - heute werden Fahrräder aufgemotzt, bis sie aussehen wie Harleys.

Von Birgit Lutz-Temsch

Blitzende Chromteile, goldener Auspuff, züngelnde Flammen auf dem Sitz, und auf dem Rahmen räkelt sich eine kurvige Frauensilhouette - Accessoires, die man spontan mit einer Harley oder einem amerikanischen Straßenkreuzer aus einem HipHop-Video verbinden würde. Darin hüpfen um solche Gefährte meistens spärlich bekleidete Frauen, und im Auto sitzt ein ¸¸yo-yo-yo"-rufender Afroamerikaner, um dessen Hals viele silberne Ketten hängen. Bis jetzt.

(Foto: Foto: Robert Haas, SZ)

Die Zukunft könnte anders aussehen. Vielleicht schaukeln HipHopper demnächst auf aufgepimpten Stretch-Cruisern durch ihre Videos: In der Franziskanerstraße gibt es seit ein paar Wochen eine Pimp Garage, in der man nicht mehr sein Auto aufmotzen kann, sondern sein Fahrrad.

Pimp - dieser Ausdruck kommt natürlich aus den USA und ist eigentlich das Slang-Wort für Zuhälter. In der MTV-Show ¸¸Pimp my ride" werden Autos aufgepimpt: Badewannen, Playstation-Konsolen, Schuhschränke oder Aquarien in alte Hecktürmodelle eingebaut, wie sie in den USA zuhauf auf den Straßen herumfahren, werden Totenköpfe auf Motorhauben gesprüht oder Kristall-Lüster als Innenbeleuchtung installiert. Mit diesen Mitteln werden aus normalen Autos perfekte Pimpmobiles - Zuhälterkarren, oder zumindest etwas, das so aussieht als sei es eine.

Ein Cruiser à la MTV

Im feinstaubbewussten Europa erscheint es logisch, dass es nicht beim Pimpen von Autos bleiben kann - MTV legte also mit ¸¸Pimp my Fahrrad" nach, und bundesweit sprießen nun im fahrradfreundlichen Frühling Pimp Garages aus dem Boden. Dort kann man sich entweder einen bereits ziemlich aufgepimpten Cruiser bestellen, einen eigenen nach individuellen Vorstellungen designen oder seinen alten Drahtesel mit chromblitzenden Accessoires ordentlich aufmotzen.

Im Dezember 2004 öffnete die erste Pimp Garage in Regensburg, es folgte ein Shop in Köln, und seit März gibt es zwei weitere in Jena und München. Dominik Pernar und Günther Seifert stehen in der Franziskanerstraße bereit, alles zu pimpen, was zwei Räder und keinen Motor hat.

Wer klein anfangen will, kann seinen Normalo-Hobel mit einem goldenen Lenkrad, gefertigt aus der Kette eines Fahrradschlosses, mit einem verchromten Auspuff oder einem Sattel im Flammen-Design verschönern. Wer richtig einsteigen will, für den hat die Pimp Garage den in eigener Werkstatt gefertigten Stretch-Cruiser ¸¸Escobar", benannt nach dem kolumbianischen Drogenbaron Pablo Escobar.

Das Grundmodell gibt es in zahlreichen Variationen, zum Beispiel als ¸¸Burning Escobar" komplett im Flammen-Design, als ¸¸Pink Lady", ein Traum in Rosa, mit einer an den Rahmen geschweißten Frauensilhouette, die auch auf den verlängerten Naben des Hinterrads sitzt, oder als ¸¸Iron Cross" mit einem eisernen Kreuz am Rahmen. ¸¸Aber wir machen alles, was sich unsere Kunden wünschen", sagt Dominik Pernar. ¸¸Wenn sich jemand einen Smiley-Cruiser wünscht, dann machen wir einen Smiley an den Rahmen und spritzen ihn gelb."

Sogar ein paar Promis wie der Berliner Rapper Sido, bekannt vor allem aus dem Umfeld Stefan Raabs, oder Boris Becker cruisen schon auf Pimp-Garage-Rädern durch die Gegend. ¸¸Kinder fahren ab auf die aufgepimpten Räder", schwärmt Seifert, und einmal habe bereits ein alter Cadillac vor dem Laden gehalten, dessen Fahrer begeistert war von der Idee, sich ein Fahrrad im Caddy-Design anfertigen zu lassen.

Freizeit-Spaßgeräte

Für den Münchner Stadtverkehr sind die Stretch Cruiser wohl nur bedingt geeignet, was daran liegt, dass im Cruiser-Heimatland USA Räder weniger als funktionelles Verkehrsmittel denn als Freizeitspaß-Gerät eine Rolle spielen. Deshalb zählen Faktoren wie gute Beleuchtung, Gewicht oder Wendigkeit bei den Cruisern generell weniger - ihr Zweck ist es aufzufallen, wenn man am Strand entlang düst.

Zum Angebot der Pimp Garage gehören aber neben den Escobar-Stretch-Cruisern auch straßenverkehrstauglichere und relativ normale Beach-Cruiser eines anderen Herstellers, außerdem Bonanza-Räder und Chopper, die über kurz oder lang ebenfalls in der eigenen Produktion gefertigt werden.

Pernar und Seifert wollen zudem eine Münchner Pimp-Community aufbauen, in der sich Gleichgesinnte austauschen können über die besten Chromteile, die neuesten Designs und die ausgefallensten Pimp-Ideen. Wer in diesem Sommer also noch mit seiner alten Tretmühle vor dem Biergarten vorfährt, muss damit rechnen, absolut unpimpig dazustehen.

© SZ vom 11.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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