Prozess um blauen Fleck:Schauspielerin contra Schuldirektorin

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Die Tochter darf nicht zum Gymnasium, da rastet die Mutter aus: Wie sich eine impulsive Münchnerin eine 900-Euro-Geldstrafe einhandelt.

Alexander Krug

Es herrscht großer Medienandrang vor dem Sitzungssaal A123 im Strafjustizzentrum. Eine Schauspielerin hat einer Schuldirektorin fest das Handgelenk gedrückt. Letztere handelte sich damit einen blauen Fleck ein, erstere eine Anklage wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Das sind die nackten Fakten in diesem Prozess, den der Amtsrichter schnell hinter sich bringen möchte.

Claudia P., 47, hat vor langer, langer Zeit einmal in einer Staffel der "Lindenstraße" mitgespielt. Später war sie dann noch in einigen Spielfilmen zu sehen. Die Karriere erlitt irgendwann einen Bruch, seitdem steht sie ab und an auf einer Theaterbühne. Claudia P. hat drei Töchter, für die sie sich offenbar heftig einsetzt.

Eine Spur zu heftig

Dass sie dabei einmal zu heftig vorging, hält ihr der Staatsanwalt vor. Im Mai vergangenen Jahres stand die schulische Zukunft ihrer damals zehnjährigen Tochter an. Gymnasium oder Realschule, lautete die Frage. Das Zeugnis der Tochter war gut, aber nicht gut genug fürs Gymnasium. Wutentbrannt tauchte die Angeklagte daraufhin im Büro der Schuldirektorin auf, um sich zu beschweren.

"Sie beugte sich über meinen Schreibtisch, packte mich an beiden Handgelenken und redete auf mich ein", sagt Rektorin Angelika B., 50. "Sie schimpfte, dass ich an allem schuld sei und dass ich das noch büßen werde."

Als Lehrer müsse man sich ja viel gefallen lassen, aber das sei dann doch zu weit gegangen, sagt Angelika B. "Sie hatte eine Grenze überschritten, und deswegen habe ich auch Strafantrag gestellt." Die Angeklagte verzieht das Gesicht, entschuldigt sich aber formvollendet.

"Mir tut das sehr leid", sagt Claudia P., möchte aber doch noch etwas hinzufügen. Es ginge ihr letztlich nur darum, das "Kommunikationsproblem" zwischen Eltern und Lehrern anzuprangern. Denn da liege einiges im Argen. Der Druck auf die Schüler sei in der Übergangsphase auf eine andere Schulform enorm.

Ihre Tochter habe zuletzt "wahnsinnige Ängste" gehabt, die durch die Klassenlehrerin noch gefördert worden seien. Diese habe alle Schüler einzeln aufgerufen und vor allen anderen dann verkündet, wer ins Gymnasium komme und wer nur in die Hauptschule. Dies sei Mobbing, so die Angeklagte. "Ich wollte meine Tochter nur verteidigen und fühlte mich als Mutter herabgesetzt."

Wohl doch eine Bagatelle

Der Amtsrichter versucht zu schlichten und hat einen ersten Erfolg. Die Rektorin zieht ihren Strafantrag zurück, es sei wohl doch "eine Bagatelle", lenkt sie ein. Der Staatsanwalt lehnt indes eine Einstellung des Verfahrens ab. Denn im Hintergrund gibt es noch eine weitere Anklage wegen falscher Verdächtigung: Claudia P. soll nämlich in ihrem Groll nach der Anzeige der Rektorin mit einer Gegenanzeige reagiert haben.

Diese weitere Anklage ist bereits zu den Akten gelegt worden, juristisch kann damit das Verfahren wegen Körperverletzung aber nicht mehr eingestellt werden. Das weiß auch Anwalt Roland Autenrieth, der deshalb eine geringe Geldstrafe für seine "temperamentvolle" Mandantin beantragt. Der Richter folgt dem Antrag.

Claudia P., der nach eigenen Angaben nur rund 600 Euro zum Leben bleiben, wird zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Sie nimmt das Urteil sofort an. Ihre Tochter ist inzwischen auf einer Realschule, wo es ihr prächtig geht. "Sie hat einen Riesensprung gemacht", freut sie sich.

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