Demjanjuk-Anwalt Busch:Eigenwilliger Kämpfer im Gerichtssaal

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Mehr als 120 Anträge an zwei Tagen, lautstarke Auseinandersetzungen mit dem Richter: Ulrich Busch verteidigt den mutmaßlichen Kriegsverbrecher John Demjanjuk - mit sehr eigenartigen Methoden. Freunde hat er sich dadurch keine gemacht.

R. Probst

Ulrich Busch ist ein Kämpfer. Oder ein Meister der Konfliktverteidigung. Je nach Sichtweise. Auf alle Fälle nutzt Ulrich Busch, 64, als Anwalt sehr ungewöhnliche Methoden. Seit 15 Monaten kann man sich davon an jedem Verhandlungstag am Münchner Landgericht überzeugen. Busch ist der Wahlverteidiger von John Demjanjuk - die Staatsanwaltschaft wirft dem 90 Jahre alten gebürtigen Ukrainer Beihilfe zum Mord an Zehntausenden Juden im Vernichtungslager Sobibor im Jahr 1943 vor.

Seit 15 Monaten verteidigt Ulrich Busch den 90 Jahre alten John Demjanjuk, dem Beihilfe zum Mord an Zehntausenden Juden im Vernichtungslager Sobibor im Jahr 1943 vorgeworfen wird. (Foto: dapd)

Busch ist von der Unschuld seines Mandanten überzeugt und versucht mit allen Mitteln, diese Sichtweise durchzusetzen. Oder er versucht mit allen Mitteln ein Urteil gegen den nunmehr staatenlosen Greis zu verhindern. Je nach Sichtweise.

Der fast zwei Meter große Strafverteidiger aus Ratingen im Rheinland polarisiert. Schon bevor das Gericht Ende November 2009 die Personalien des Angeklagten feststellen konnte, platzte Busch mit Befangenheitsanträgen gegen die Richter und einer Erklärung, Demjanjuk sei als sowjetischer Kriegsgefangener ebenso ein Opfer des NS-Regimes wie die Juden, heraus. Seither hat er den Vorsitzenden Richter Ralph Alt 22 Mal, die beiden beisitzenden Berufsrichter je 20 Mal wegen Befangenheit abgelehnt. Freunde hat er sich dadurch im Gerichtssaal keine gemacht.

Ebenso wenig mit seiner Strategie, langatmige Erklärungen abzugeben oder zu Beginn fast jeder Sitzung umfangreiche Beweisanträge vorzulesen. Diese Woche schaffte er seinen bisherigen Rekord - mehr als 120 Anträge an zwei Tagen. Erfolg hat er fast nie, viele seiner Vorschläge gingen "ins Blaue" hinein, rügte das Gericht nicht nur einmal. "Verschleppung des Verfahrens liegt mir fern", sagt der Anwalt dann lapidar.

Ulrich Busch kämpft allein. Den Pflichtverteidiger Günther Maull ignoriert er so gut er kann. Seine Anträge schreibt er oft per Hand, nachts im Hotel. Hie und da nimmt er es nicht so genau mit den Vorschriften der Strafprozessordnung, wie die Richter es gerne hätten. "Ich höre Herrn Maull lieber zu, er trägt ruhig vor und man versteht es", stichelte jüngst Richter Alt. Dabei ist der Ratinger ein erfahrener Jurist: 2006 setzte er etwa vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durch, dass die Polizei Drogendealern, die Rauschgift geschluckt hatten, kein Brechmittel einflößen darf.

Busch kann gut einstecken - aber noch lieber teilt er kräftig aus. Gern spricht er davon, nur er habe die "historische Wahrheit" erkannt. Worte wie "Justizskandal", "Folter" und "Schauprozess" hat er jederzeit parat. Auch vor lautstarken Auseinandersetzungen mit den Richtern hat er keine Angst - denn er hat eine Mission.

Er ist eigentlich kein rechter Eiferer, sein Engagement speist sich aus einer anderen Quelle. Ulrich Busch ist mit einer Amerikanerin - die meist im Zuhörerraum dabei ist - verheiratet, deren Eltern aus der Ukraine stammen. So kam die Verbindung zur Familie Demjanjuk zustande. Und die Überzeugung, bei dem Münchner Prozess handele es sich um eine Verschwörung einflussreicher amerikanischer und israelischer Kreise, die seinen Mandanten mit Hilfe vom KGB gefälschter Beweismittel hinter Gitter bringen wollten.

© SZ vom 24.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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