Profil:Frau des Blauen Reiters

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300.000 Besucher haben die Werke von Franz Marc gesehen - ein Rekord. Annegret Hoberg hat die Ausstellung organisiert.

Gottfried Knapp

Wer mit dem Künstler Franz Marc, einem der Lieblinge des deutschen Museumspublikums, in Verbindung gebracht wird, der kann der Welt nicht verborgen bleiben. Das bekommt nun auch Annegret Hoberg zu spüren, die Organisatorin der erfolgreichsten Kunstausstellung der letzten Jahre in München. Alle Franz-Marc-Ausstellungen seit der Retrospektive des Jahres 1916 waren spektakuläre Erfolge.

300.000 Besucher kamen zur Franz-Marc-Ausstellung in München. (Foto: Foto: ddp)

Doch die jüngste Gesamtschau des malerischen und graphischen Werks - sie wurde am 17. September 2005 im Lenbachhaus und im Kunstbau eröffnet und soll am morgigen Sonntag um 24 Uhr geschlossen werden - dürfte mit rund 300.000 Besuchern einen Rekord markieren. Keinem Kunstinstitut der Welt wird es in Zukunft noch einmal gelingen, so viele Objekte ersten Ranges (die Hälfte des Gesamtwerks) zusammenzubringen wie der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München und ihrer Mitarbeiterin Annegret Hoberg, die als Herausgeberin des dreibändigen Franz-Marc-Werkverzeichnisses seit Jahren mit allen Leihgebern in Verbindung steht.

Annegret Hoberg, in Düsseldorf geboren, war nach dem Kunstgeschichtsstudium zunächst vier Jahre in der Staatsgalerie Moderner Kunst in München tätig, bevor sie 1987 als Kuratorin in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus die Graphische Sammlung und das Kubin-Archiv übernahm. Seit 1989 leitet sie zudem die für das Museum so zentrale Abteilung "Blauer Reiter", die zu den wertvollsten und dichtesten Sammlungen der frühen Moderne in Deutschland gehört. Als das Lenbachhaus im Jahr 2000 Teile seines "Blauen-Reiter"-Bestands im Museum Ludwig in Köln zeigte - die Lücken im Stammhaus wurden erstaunlich hochrangig geschlossen -, konnte Köln mit 250.000 Besuchern in wenigen Monaten einen schönen Erfolg verbuchen.

Den kunsthistorischen Weihrauch weggeblasen

Seit sie Rosel Gollek als Verwalterin des "Reiter"-Bestands im Lenbachhaus abgelöst hat, hat Annegret Hoberg fast jährlich eine Publikation über Marc, Münter oder Kandinsky verfasst. Wäre es nach ihren privaten malerischen Vorlieben gegangen, hätte sie sich wohl ganz auf die Seite Kandinskys geschlagen und Marc seitlich liegen lassen. Doch eben die gewisse Distanz, die sie, wie fast alle promovierten Kunsthistoriker, vor den abstrahierten Tierdarstellungen Marcs anfangs empfand, hat sich am Ende als Segen erwiesen.

Hoberg hat die scheinbar reduktiven bildnerisch-poetischen Vorstellungen Marcs interpretieren müssen - und dabei den an der Natur sich übenden, doch über die Anatomie der Tiere in den Kosmos des Geistigen weiterdrängenden Avantgardismus des bayerischen Malers auf ein neues Fundament stellen können. Dabei konnte Hoberg auch einiges von dem kunsthistorischen Weihrauch wegblasen, der sich (anhand einiger aus dem Zusammenhang gerissener, raunend verkürzter Marc-Texte) im Lauf der Zeit über einigen der bekanntesten Tierbilder angesammelt hat.

Wie modern und kühn die späten Bilder Marcs im Kontext der europäischen Avantgarde wirklich waren, macht die Münchner Ausstellung mit vielen bislang kaum bekannten Objekten eindrucksvoll deutlich.

© SZ vom 7./8.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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