Plädoyers im Moshammer-Prozess:Staatsanwalt fordert lebenslang

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Die Anklage sieht es als erwiesen an, dass Herisch Ali Abdullah den Modehändler aus Habgier getötet hat. Die Verteidung sieht dafür keine Beweise und beantragt eine Verurteilung wegen Totschlags "im unteren zweistelligen Bereich".

Alexander Krug

Der mutmaßliche Mörder von Rudolph Moshammer soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft lebenslang hinter Gittern. Herisch Ali Abdullah, 25, habe den Modehändler heimtückisch aus Habgier ermordet, befand der Ankläger gestern. Die Verteidiger sehen dafür "keine Beweise". Sie beantragten eine Verurteilung wegen Totschlags "im unteren zweistelligen Bereich".

Nach Überzeugung von Staatsanwalt Martin Kronester war der Angeklagte am 13. Januar dieses Jahre etwa gegen 23 Uhr von Moshammer angesprochen und in dessen Haus in Grünwald chauffiert worden. "Ihm war klar, dass Moshammer sexuelle Absichten hatte und er nach jungen Männern suchte", meinte Kronester. Es sei dann auch zu sexuellen Handlungen gekommen, doch habe es der Angeklagte abgelehnt, mit Moshammer den Analverkehr auszuführen. Der 64-Jährige sei dann auf die Toilette, "in dieser Zeit fasst der Angeklagte den Entschluss, sich die Vermögenswerte von Herrn Moshammer anzueignen".

Als er gerade eine Kommode im 1. Stock durchsuchte, sei er von Moshammer überrascht worden. "Nun fasste er den Entschluss, Herrn Moshammer zu töten, um sein Vorhaben fortzusetzen." Er habe ihm von hinten ein Verlängerungskabel um den Hals geschlungen und "mit brachialer Gewalt" daran gezogen. Der Todeskampf Moshammers habe "mindestens fünf Minuten" gedauert, danach habe er die Leiche und das gesamte Haus noch nach Stehlenswertem durchsucht.

"Nicht jeder kann im Bett sterben"

Der vom Angeklagten geschilderte Streit mit Moshammer habe dagegen nie stattgefunden, da es keinerlei Spuren eines Kampfes gibt. Der Modehändler sei arg- und wehrlos gewesen und habe keine Chance gehabt. "Es bleibt nur eine Strafe und das ist lebenslang", so der Staatsanwalt. Er beantragte außerdem noch, die "besondere Schwere der Schuld" festzustellen. Damit wäre eine vorzeitige Haftentlassung nach mindestens 15 Jahren ausgeschlossen. Der Angeklagte habe keinerlei Schuldeinsicht gezeigt, sondern im Gegenteil noch die Schuld dem Opfer zugewiesen und betont, "nicht jeder kann im Bett sterben".

Die Verteidiger Adam Ahmed und Jürgen Langer vermissen handfeste Beweisen für den vom Staatsanwalt geschilderten Tatablauf. Sie gehen nach wie vor von der Darstellung des Angeklagten aus, wonach der als "cholerisch, herrisch und launisch" bekannte Moshammer Abdullah beschimpft habe, weil dieser den geforderten Analverkehr abgelehnt habe. Die Worte "Hau ab, du Penner, du Arschloch, sonst rufe ich die Polizei" seien von Abdullah als provozierend und beleidigend empfunden worden.

Der 25-Jährige habe daraufhin die Selbstbeherrschung verloren, ein Kabel vom Tisch genommen und auf Moshammer eingeschlagen. Im weiteren Verlauf habe er ihn erdrosselt. "Es kann dahin gestellt bleiben, ob er ihn töten wollte, jedenfalls war ihm sein Überleben gleichgültig", meinte Ahmed.

Keine Spuren für Raub gefunden

Sein Kollege Langer ergänzte, dass Abdullah "nach dem Prostitutionsgesetz" einen legitimen Anspruch auf den verabredeten Liebeslohn gehabt habe. Dass er nach oder vor der Tat das Anwesen nach Wertgegenständen durchsucht habe, lasse sich auch nicht belegen. Im gesamten Haus seien keinerlei Spuren gefunden worden.

Von Habgier könne also keine Rede sein, auch nicht von Arg- und Wehrlosigkeit, da von Moshammer "eine gewisse Tatprovokation" ausgegangen sei. "Die Beweisführung der Staatsanwaltschaft kann nur mit künstlichen Konstrukten aufrecht gehalten werden", so das Fazit der Anwälte.

Herisch Ali Abdullah bat in seinem Schlusswort das Gericht noch einmal um Verzeihung: "Es tut mir wirklich sehr leid, was passiert ist. Ich hoffe, Sie geben mir noch eine Chance." Das Urteil soll am kommenden Montag um 11 Uhr verkündet werden.

© SZ vom 17.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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