Pfeiffer-Studie:"Heute lassen wir uns voll laufen"

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Der Drogenkonsum von Jugendlichen beschäftigt den Stadtrat.

Von Sven Loerzer

Die Zahlen sind zwar schon etwas angestaubt. Aber die bereits vor mehr als einem Jahr von der SZ veröffentlichten Ergebnisse einer Studie zu Schulschwänzen, Gewalt, Drogen- und Alkoholkonsum bei Neuntklässlern wollten die Stadträte der zuständigen Fachausschüsse trotzdem noch ausführlich diskutieren.

Im Jahr 2000 hatte das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) 14- bis 16-Jährige in mehreren Städten befragt. In München und Hannover gaben 17,9 Prozent der Jugendlichen an, in den letzten sechs Monaten die Schule an fünf oder mehr Tagen geschwänzt zu haben. Es war die höchste Rate unter den beteiligten Städten.

Insgesamt 10,4 Prozent der Münchner Jugendlichen trinken wöchentlich bis täglich Alkohol - ein weiterer Spitzenwert: Diese Rate liegt gut doppelt so hoch wie in Hamburg, Hannover oder Leipzig. 14,8 Prozent der Jugendlichen, doppelt so viele wie bei der Studie von 1998, konsumieren mindestens einmal pro Monat Cannabisprodukte.

"Es ist mitnichten zu verniedlichen, dass in der Bierstadt München die Konsumwerte so hoch sind", sagt Schulreferentin Elisabeth Weiß-Söllner (SPD), meint aber dennoch: "München schneidet trotz einzelner Ausreißer nicht schlechter, sondern eher besser ab." Die Jugendkriminalität zum Beispiel nehme insgesamt ab.

So lehnt sich denn der Chef des Stadtjugendamts, Hubertus Schröer, zufrieden zurück: "Wir liegen ganz gut und wollen deshalb nichts anders und nichts Neues machen."

CSU-Stadträtin Marianne Brunner dagegen befindet, dass die Projekte zur Gewalt- und Drogenprävention entweder nicht ausreichten oder nicht angenommen würden. Auch Gisela Oberloher (CSU) verlangt angesichts der Zahlen eine Umorientierung. Haimo Liebig (SPD) und Jutta Koller (Grüne) widersprechen: Bereits nach Vorliegen der ersten KFN-Studie sei eine "große Zahl notwendiger Maßnahmen eingeleitet" und sehr viel erreicht worden. Der Beginn der Projekte habe sich mit der zweiten Umfrage überschnitten.

Jutta Koller sieht im Alkohol "die Droge Nummer eins": Viele Jugendliche gestalteten ihr Wochenende nach der Devise "Heute lassen wir uns voll laufen". Um dem entgegenzusteuern, sei es wichtig zu lernen, "Drogen so zu nutzen, dass sie mir nicht schaden". Marianne Brunner wertet die von den Grünen geforderte Freigabe von Cannabis als "Anreiz, es mal zu probieren".

Für Mario Schmidbauer (CSU) bezieht die Stadt die 700 Sportvereine zu wenig in die Prävention ein. Würden die Haushaltspläne der CSU Wirklichkeit, müssten "die Präventierten ihre Prävention selbst bezahlen", höhnte Christian Müller (SPD). Da sei es für die Jugendlichen "billiger, zur Flasche statt zu Sozialpädagogen zu greifen".

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