Pauschalreise für Plüschige:"Wir sind nicht bekloppt"

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Das Unternehmen "Teddy in Munich" nimmt urlaubsreife Stofftiere in Pflege und kutschiert sie durch München - die schräge Idee hat Erfolg.

Katharina Wulffius

Endlich ist Dr. Fred im Urlaub. Seine Besitzerin hat für ihn eine Pauschalreise gebucht, die erste in seinem Leben, denn Dr. Fred sah bis dato noch nie über den Sofarand in seiner Heimat Mönchengladbach hinaus. Dr. Fred ist ein gütig lächelnder Plüschbär in rotem Jäckchen.

Zwei rote Plüsch-Stiere machen einen Ausflug in den Olympiapark. Klar, warum auch nicht? (Foto: Foto: teddy in munich)

Bubul, ein abgelutschter Stoffhund und ebenfalls Reiseteilnehmer, ist aus Frankreich eingetroffen. Zusammen mit Else und Viktor, zwei Teddybären, und einem Haufen anderer Knopfaugen gehts eine Woche lang im weiß-blau-geschmückten Bollerwagen durch München. Sightseeing, Picknick an der Isar und Biergartenbesuch inklusive.

Actionurlaub für Meister Petz

"Wir sind nicht bekloppt", sagt Elke Verheugen, "wir wollen München einfach von einer anderen Seite präsentieren." Zusammen mit Christopher Böhm hat sie vor einem Jahr das Unternehmen "Teddy in Munich" gegründet. Als Dankeschön für lebenslange Treue kann man seinen Teddy für ein paar Tage in die Obhut der beiden Münchner geben.

Actionurlaub für Meister Petz ist garantiert. Dr. Fred im Hofbräuhaus. Bubul, der Franzose, auf dem Fernsehturm vor Alpenpanorama - so ähnlich wie einst der weltmännische Gartenzwerg der Amélie. Viktor und Else feinkostend vor Dallmayr. Böhm fotografiert die textilen Touristen, Elke Verheugen stellt anschließend ein individuelles Fotoalbum zusammen, das die Besitzer als Beweis für die gelungene Reise erhalten.

Die Idee, Stofftiere in den Urlaub zu schicken, so schrullig sie auch erscheinen mag, ist ein voller und zudem internationaler Erfolg. Das liegt wohl vor allem daran, dass die Teddyreise nach München, wo der Touristenkitsch doch sowieso zuhause ist, recht seriös verspielt durchgeplant wird.

Bevor Dr. Fred auf dem Postweg nach München reisen durfte, musste seine Besitzerin nämlich einen Persönlichkeitsbogen ausfüllen: Mag er Weißwürste? Wann muss er ins Bett? Darf er an der Nachtwanderung teilnehmen? Hat er spezielle Reisewünsche? Dass ein Stofftierhalter einmal sogar verlangte, Teddy möge sich in der Münchner Oper Wagner geben, zeigt, so Verheugen, "dass unsere Kunden manchmal noch verrückter sind als wir".

Bungee Jumping für die Mutigen

Dennoch: Die Reise wird den Bedürfnissen eines jeden Reiseteilnehmers so gut als möglich und der Pauschalgebühr von 99 Euro, die jeder Teddy-Besitzer löhnen muss, angemessen angepasst. Mutige Teddys können zusätzlich zu einem speziellen Abenteuer angemeldet werden, ob House Running, Bungee Jumping oder Drachenfliegen.

Die eher sanften Gemüter werden auf den Golfplatz mitgenommen, zum Angeln oder in den Malkurs. Und einmal die Woche können die Stofftiere einen heben gehen, in Teddys Stammkneipe, deren Besitzer entzückt kleine Weißbiergläser im Samtpfotenformat angeschafft haben.

Wer schickt für Geld sein Stofftier in die Ferien? Die meisten Kunden sind Frauen zwischen 30 und 60 Jahren, aber auch Ärzte und Banker gönnen ihren leidensstarken Begleitern eine Auszeit von Teddys Pflichten, verrät Christopher Böhm.

Warum kutschiert man Plüschnasen tagelang durch München? Böhm, bezeichnenderweise hauptberuflich Spielzeugtester beim TÜV, sieht es eher als spaßiges Hobby denn als Einnahmequelle: "Ich mag meine Stadt und zeige sie gern anderen Menschen, auch wenn sie erst ihren Teddy vorausschicken."

Und in der Tat: Weil ein seltener kanadischer Bärenhase so schöne Urlaubsfotos mitgebracht hat, möchte seine Besitzerin jetzt auch München kennenlernen.

Nächstes Projekt: Reiseführer für Plüschtiere

Elke Verheugen, die selbständig im Bereich Marketing und Kommunikation arbeitet, fand es spannend, eine so schräge Idee in die Tat umzusetzen: "Mich hat interessiert, ob man so etwas vermarkten kann."

Nachdem "Teddy in Munich" als Gewerbe angemeldet, die Homepage gestaltet und eine Pressemitteilung international verschickt war, kamen bald die ersten Anfragen. Mittlerweile findet sich etwa alle drei Wochen eine Bollerwagenbesetzung von acht bis zwölf Plüschköpfen zusammen.

Und weil der Reisemarkt für Stofftiere - vor allem zur Wiesnzeit - so sehr boomt, plant Elke Verheugen schon das nächste Projekt: einen Reiseführer durch München von und für Teddys.

© SZ vom 10.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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