Paris Hilton:Ein Goldrausch im Supermarkt

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Paris Hilton als Dosenöffnerin: Wie es zugeht, wenn die berühmte Selbstvermarkterin ihren Charme an der Ladenfront versprüht.

Christian Mayer

München, 25.September - Es ist nur nur eine Autogrammstunde, die gleich vor Kaiser's Tengelmann in Solln stattfinden soll, aber man könnte meinen, das Oktoberfest sei kurzfristig in den Flachbau mit dem Kupferdach ausgelagert worden. Vor dem Gitter warten meist jugendliche Fans; Bodyguards und Polizeibeamte stehen bereit, um Panik zu verhindern.

Dann nähert sich schon ein schwarzer Hummer - so ein überdimensionierter Geländewagen ist immer ein sicheres Zeichen dafür, dass es jemand enorm wichtig hat. Aus dem sogleich von Kameraleuten umringten Fahrzeug steigt eine blonde Frau im goldenen Dirndl und mit goldenen Handschuhen, begleitet von älteren Herren im Anzug.

Sie steuert durch ein chaotisches Gedränge auf eine Empore vor dem Supermarkt: Paris Hilton, millionenschwere Hotelerbin aus New York, ist gekommen, um ein wenig Werbung zu machen für sich und ein neues Produkt, das in der ganzen Welt zum Kultgetränk werden soll, wenn es nach dem Willen eines österreichischen Unternehmers geht. ,,Rich Prosecco'' heißt die Marke, die Paris Hilton angeblich so gerne mit dem Strohhalm aus der Dose schlürft.

Aber ehe sie vor aller Augen ihre Treue zum eingeschweißten Schaumwein dokumentieren kann, geschieht Erstaunliches: 14-Jährige brüllen mit den Fotografen um die Wette, hartnäckige Promi-Gucker haben sich hinter die Absperrgitter oder auf leere Bierkästen gestellt, um vielleicht an eine der goldenen Dosen zu gelangen, die Paris Hilton in der nächsten Viertelstunde mit einem Filzstift vollkritzeln wird.

Die Meute mit den gezückten Mobiltelefonen schiebt sich bedrohlich nahe zu den Palettenbergen. ,,Teenage Millionaire'' steht auf dem schwarzen T-Shirt, das der 22-jährige Stephan Karl trägt - er schätzt vor allem das im Internet kursierende Softporno-Video ,,Eine Nacht in Paris'', ein legendäres Frühwerk der Selbstvermarktungskünstlerin. ,,Das ist super'', sagt Karl, ,,man sieht aber nicht so viel.''

Ist es da nicht besser, das Objekt der Begierde nah vor sich zu haben? Einige betrachten das Schauspiel eher indifferent: ,,Wir wollten einfach nur einkaufen, aber jetzt bleiben wir natürlich hier'', sagt Manfred Pedina. ,,Ich frag' mich nur, ob das hier die richtige Zielgruppe für Prosecco ist.''

Nach einer knappen halben Stunde ist Schluss mit der Paris-Show, der schwarz-gold-blonde Tross rauscht weiter, um schnell auf dem echten Oktoberfest im ,,Hippodrom'' von Promi-Wirt Sepp Krätz vorbeizuschauen.

Zuvor hatte die Werbefrau hinreichend bewiesen, dass sie als Botschafterin für Dosen-Prosecco qualifiziert ist. Im Hotel Bayerischer Hof sitzt sie mit eingefrorenem Lächeln auf dem Sofa und hört sich unterschiedliche Fragen zu ihrer Person an, auf die sie meist ein ,,I love it'' oder andere Floskeln uneingeschränkter Zustimmung herauspresst.

Immerhin war zu erfahren, dass die 25-Jährige den Abend zuvor in der Kochschule von Alfons Schuhbeck verbracht hat, um mit dem berühmten Koch Scampi zu braten - und panierte Weißwürste auf Linsen zu kosten. Eine eigensinnige Kreation, aber diebegabte Verkäuferin findet alles wundervoll, was man ihr vorsetzt.

Erfinder der handlichen Dosen, die pfandfrei für zwei Euro über den Ladentisch gehen sollen, ist der österreichische Unternehmer Günther Aloys. Er hatte auch die Idee, mit Paris Hilton auf dem Oktoberfest zu werben - was ihm Wiesnchefin Gabriele Weishäupl erbost untersagte. Der 58-Jährige mit der grauen Mähne ist dennoch ein erfolgreicher Selbstdarsteller. In seinem Heimatort Ischgl verfügt er über zwei der teuersten Hotels, das ,,Madlein'' und das ,,Elisabeth'', und gerne geriert sich Aloys als Vordenker eines Lifestyle-Tourismus in den Alpen.

Lionel Richie, Anastacia oder Pink treten gerne in der pompösen Après-Ski-Arena von Ischgl auf oder geben Konzerte auf der 2320 Meter höhen Idalp. Der Gipfel ist nun die Idee, italienischen Prosecco in österreichische Dosen zu pressen und mit Hilfe einer Hotelerbin aus New York bekannt zu machen.

Dafür musste Hiltons Geschäftspartner sogar einen wichtigen Termin verschieben: Eigentlich war vor dem Innsbrucker Gericht ein Termin für den 21.September angesetzt. Aloys muss sich mit dem Vorwurf der Zuhälterei in einem Massageclub auseinandersetzen. Der Staatsanwalt hat die Verhandlung auf 16.November verschoben. ,,Wir haben da mit den falschen Leuten zusammengearbeitet - ich habe nichts davon gewusst'', sagt Aloys.

Paris Hilton und der schnelle Alkohol, diese Verbindung ist nicht unglaubwürdig. Erst Anfang September wurde das hart arbeitende Partygirl in Hollywood wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen. Das sind nicht ganz die Schlagzeilen, die sie sich wünscht. Ohnehin scheint ihr Glanz ein wenig zu verblassen. Dass sie vor kurzem vom ,,Guinness Buch der Weltrekorde 2007'' als die ,,am meisten überbewertete Persönlichkeit'' ermittelt wurde, kann ihr noch fast egal sein.

Aber dass sich nun auch manche Gastgeber und seriösere Auftraggeber abwenden, könnte sich negativ auf den Marktwert auswirken. Als Luxusblondine hat sie kreuz und quer durch alle Branchen geworben - mal für eine Jeansmarke, dann für eine Hamburger-Kette, schließlich für ihr eigenes Parfüm. Wie ein leeres Gefäß, das immer wieder mit Inhalt gefüllt wird, steht sie zur Verfügung - jetzt ist es halt Schaumwein.

Nicht immer macht sie ihre Auftraggeber glücklich. Der Münchner Internet-Dienstleister ,,Go Yellow'' schloss mit ihr 2005 einen Drei-Jahres-Vertrag, nach einem Jahr löste Geschäftsführer Klaus Harisch den Kontrakt, der zur finanziellen Last geworden war. Harisch war bald entnervt von der mangelnden Disziplin der Werbefrau, die sogar bei Fernsehauftritten zu spät kam.

Ihr neuer Gönner Günther Aloys versteht die Vorwürfe nicht: ,,Zu unserem Unternehmen passt sie fantastisch - sie arbeitet leistungsorieniert und pflichtbewusst.'' Man darf das ruhig glauben, sie ist am Verkauf der Golddosen umsatzbeteiligt.

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