Otfried Preußler wird 80:Ein Leben mit Kobolden, Geistern und Riesen

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Der Kinderbuchautor hat ganz altmodische Geschichten geschrieben wie die vom "Räuber Hotzenplotz". Aber trotzdem - oder gerade deshalb - haben sie sich allein in Deutschland 15 Millionen Mal verkauft.

VON ROSWITHA BUDEUS-BUDDE

Könnte er Geige spielen, so weiß man heute, wäre das nicht passiert. Dann wäre Otfried Preußler kein Autor geworden. "Der kleine Wassermann", "Die kleine Hexe", "Der Räuber Hotzenplotz" wären nicht die Lieblingsbücher von mindestens zwei Kindergenerationen.

Wenn man ihn fragt, warum er Schriftsteller geworden ist, erzählt er zuerst über die Kindheit in Reichenberg, Nordböhmen, in einer Familie von Lehrern und Geschichtenerzählern - und davon, welches Glück er hatte, dass er nach Kriegszeit und fünf Jahren russischer Gefangenschaft seine Familie in Oberbayern wiederfand.

Da er jetzt einen Brotberuf brauchte - sehr eindringlich empfiehlt er allen angehenden Schriftstellern, sich erst eine bürgerliche Existenz aufzubauen -, wurde er Lehrer und zwangsläufig auch Kinderbuchautor, denn sein Rektor an der Rosenheimer Schule gab ihm den Rat: "Wenn Ihnen die Bande durchgeht mein Lieber - dann bloß nicht laut werden! Bloß nicht den wilden Mann spielen! Nehmen Sie einfach die Geigen zur Hand und spielen Sie den Kindern was vor. Sie werden staunen, wie rasch man sich damit Ruhe verschaffen kann."

Weil Otfried Preußler aber nicht geigen konnte, versuchte er es mit dem Erzählen und hatte damit so viel Erfolg, dass er seine Geschichten aufschrieb.

"Ich hatte einfach Glück", betont er immer wieder, auch wenn ihm das Schreiben nicht leicht gefallen sei. So arbeitete er 10 Jahre am "Krabat" und warf das Manuskript dann in den Papierkorb, aus dem es seine Frau rettete.

Während die jungen Leser seine Bücher liebten, taten sich die Literaturkritiker besonders in der Phase der antiautoritären Kinderliteratur schwer mit ihnen und warfen Preußler vor, die heile Welt zu propagieren.

Noch heute erinnert er sich daran und meint kämpferisch: "Ich habe mich nie um den Markt geschert, keine Trends bedient und muss mich für keines meiner Werke schämen."

Und er fügt hinzu: "Ich, der gewesene Schulmeister, bin ein erklärter Gegner jeglicher Art von übertriebener Schulmeisterei in der Kinderliteratur. Mein Angebot als Geschichtenerzähler für Kinder sind Spielwiesen für die Fantasie."

Sein poetisches Geheimnis liegt nicht nur im Wissen um die kindliche Psyche, sondern es hat seine Wurzeln in der Tradition der Volkserzählung.

Otfried Preußler findet seine Motive in dem bewährten Fundus der Sagen und Märchen Böhmens, gibt ihnen aber durch seine literarische Bearbeitung etwas zeitlos Gültiges - wie zum Beispiel in "Krabat", der beeindruckenden Geschichte über einen Müllerburschen, der in den Bann schwarzer Magie gerät, aus dem ihn nur Freundschaft und Liebe befreien können.

Preußler hat den Humor, den seine Bücher auszeichnen, auch im Alltag bewiesen, hat immer wieder mit seinen Figuren gespielt und sie gegen die Bürokratie eingesetzt.

So ließ er den Räuber Hotzenplotz 1988 einen Brief an die Bayerische Staatsregierung verfassen, um sich über untaugliche Lohnsteuerformulare zu beschweren.

Mit Erfolg. Dieses Spiel hat nun der Thienemann Verlag fortgesetzt, seinem Autor als Geburtstagsgeschenk eine Broschüre zusammengestellt, in der seine Figuren allerlei Unfug mit öffentlichen Ämtern treiben.

Da fragt zum Beispiel die "kleine Hexe" ganz offiziell bei den Flughäfen in Berlin Tempelhof und Stuttgart um eine Starterlaubnis für den Besen an.

Oder das Finanzamt in Kiel wird mit dem schwierigen Fall konfrontiert, ob auch der Räuber Hotzenplotz unter die geplante Straffreiheit für Steuerflüchtlinge fällt.

Die Antworten werden Otfried Preußler gefallen, dokumentieren sie doch, dass die Erwachsenen ihre Lieblingsbücher nicht vergessen haben. Noch mehr wird ihn freuen, dass der Erlös der Broschüre dem "Hilfswerk für die orthopädische Kinderklinik Aschau" zu Gute kommt, das sich um kriegsverletzte Kinder kümmert und deren Vorsitzender er ist.

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