Neubiberg:Aschenputtel wartet auf die Schönheitsoperation

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Weil Neubiberg seit langem auf die Sanierung des Bahnhofs wartet, wurde nichts mehr investiert - putzen würde sich dennoch lohnen.

Von Claudia Schmohl

Zumindest in einer Hinsicht haben es die S-Bahn-Reisenden am Neubiberger Bahnhof besser als die meisten ihrer Leidensgenossen: Im gläsernen DB-Store können sie sich bei einer Tasse Kaffee aufwärmen oder zum Zeitvertreib am Spielautomaten ein paar Euro riskieren, wenn der Bahnsteig-Lautsprecher wieder einmal die üblichen Verspätungen verkündet.

Und das geschieht hier besonders häufig, denn Neubiberg ist ein "Begegnungsbahnhof". Das bedeutet, dass die Bahn warten muss, bis der Gegenzug aus Aying auf der eingleisigen Strecke eingefahren ist.

Als der chice DB-Servicestore im April 1999 eröffnet wurde, war er übrigens bayernweit der erste seiner Art. Er wird seither von dem Neubiberger Geschäftsmann Georg Rieger betrieben und hat werktags von 6 bis 19.30 Uhr, samstags von 7 bis 18 Uhr und sonntags von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Angeschlossen ist ein DB-Reiseschalter, bei dem man auch ein Ticket nach Flensburg lösen kann. Er öffnet werktags zwischen 9 (montags 8) und 12.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 18 Uhr, samstags von 9 bis 12 Uhr.

Der Kiosk bietet nicht nur Getränke und belegte Brote, frisch gebackene Brezen und Süßigkeiten, man kann sich auch unter zahllosen Zeitschriften- und Zeitschriftentiteln seine Reiselektüre zusammen stellen. Auch Spirituosen und Toilettenpapier hält Rieger für dringende Fälle parat. Eine "Tankstelle am Bahnhof" sozusagen.

Der Kioskbesitzer hat auch einen Blick auf die Sauberkeit der Toiletten an der Außenseite des Gebäudes. Für 50 Cent öffnet sich die Tür von zwei der drei Klos. Das dritte ist verschlossen. "Bislang gab es noch keine Klagen über mangelnde Hygiene", sagt Marius Noran, Leiter der Bautechnik in der Gemeindeverwaltung.

Bei der Eröffnung des DB-Stores vor fünf Jahren versprach der zuständige DB-Niederlassungsleiter eine völlige Neugestaltung des Bahnhofs und seines Umfeldes. Geschehen ist seither - nichts. Weil sinnvollerweise niemand mehr in Anlagen investiert, die morgen abgerissen werden, ist der Bahnhof sichtlich heruntergekommen. Die Unterführung ist von unzähligen Graffiti "verziert", Eisenteile rosten still vor sich hin.

Die Treppen sind offensichtlich schon längere Zeit nicht mehr gekehrt worden. Neben alten Verpackungen und Millionen Zigarettenstummeln hat sich an den Rändern jede Menge Rollsplitt angesammelt. Gleis 1 ist so vermüllt, dass unerwünschte Nager nicht weit sein können. Saubermachen würde sich schon noch lohnen, bis der Neubau fertig ist.

Denn endlich tut sich was: Am Montag wurden die Container für die Bauarbeiter aufgestellt und störende Fahrradständer entfernt, Mitte März soll Spatenstich sein für die Schönheitsoperation des Aschenputtels. Ein Tunnel unter den Gleisanlagen wird auf die Südseite führen.

Das brachliegende Grundstück erwirbt die Gemeinde gerade von der Bundesbahn. Sie wird dort eine Park&Ride-Anlage für 100 Autos und 160 Fahrräder bauen, als Ergänzung zu den bestehenden Abstellplätzen für 50 Autos und 250 Räder auf der Nordseite. Zwei Aufzüge bringen Rollstuhlfahrer und Mütter mit Kinderwägen in Zukunft bequem auf den Bahnsteig, der ein 70 Meter langes, verglastes Dach erhalten soll.

"Das Mobiliar wird komplett erneuert, die Bänke sind dann überdacht und von drei Seiten gegen Wind und Wetter geschützt", versprechen die Architekten der Bahn, Egon Breitenbücher und Christopher Kraus. Die Bahnanlagen sollen bis Jahresende, die Parkplätze bis zum Sommer nächsten Jahres fertig sein. Dann haben auch die Neubürger des Baugebietes Auf der Heid einen kürzeren Weg zu den Geschäften in der Hauptstraße.

Auf dem Weg dorthin passiert man auch das 1999 renovierte und unter Denkmalschutz stehende Bahnhofsgebäude, in dem Büros und Stellwerkseinrichtungen der Bahn untergebracht sind. Als der erste Zug im Jahr 1904 Neubiberg anfuhr, gab es hier nur ein altes Holzhäuschen mit Warteraum für die Reisenden.

Die "Interessengemeinschaft der Gartenstadt Neubiberg" machte sich bald für einen würdigen Bahnhof stark, und so wurde 1914 das Gebäude im Stil der Zeit errichtet. Weil gerade Krieg ausgebrochen war, fiel die Eröffnungsfeier ins Wasser.

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