Nach Prügel-Vorwürfen:Polizeipräsident in der Kritik

Ein Polizist schlägt eine Frau krankenhausreif, sein Chef spricht von einer "konsequenten Vorgehensweise": Ein Interview über den prügelnden Polizisten bringt Polizeipräsident Schmidbauer harsche Kritik ein. Doch der fühlt sich falsch verstanden.

Von Christian Krügel und Susi Wimmer

Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer steht wegen eines Interviews über Prügelvorwürfe gegen einen Polizisten aus der Au in der Kritik. In einem Interview mit der tz hatte Schmidbauer den Fall aus der Sicht des Beamten geschildert, der beschuldigt wird, eine junge Frau krankenhausreif geschlagen zu haben. "Der Faustschlag war für ihn die konsequente Vorgehensweise", hatte der Präsident gesagt - und damit am Wochenende heftigen Protest ausgelöst.

Franz J. Erlmeier, der Anwalt der Geschädigten, spricht von einem Eingriff in laufende Ermittlungen, Grünen-Stadtrat Siegfried Benker nennt Schmidbauers Äußerungen ein "verheerendes Signal für alle Münchner Bürger". Auch Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch, Sprecher der Staatsanwaltschaft München I, reagierte: "Die Bewertung der Ereignisse liegt bei uns, nicht bei Herrn Schmidbauer, sonst könnte man die Staatsanwaltschaft ja gleich abschaffen", sagte er der SZ.

Seit einem Vorfall auf der Inspektion in der Au kämpft die Polizei gegen negative Schlagzeilen: Am 20. Januar hatten Beamte eine 23-Jährige nach einem Streit mit ihrem Freund auf die Wache gefahren und sie bereits im Streifenwagen gefesselt. In der Haftzelle der Inspektion eskalierte die Situation: Nachdem die auf einer Pritsche liegende, gefesselte und von Beamten festgehaltene Frau einen 33-jährigen Polizisten angespuckt hatte, verpasste der ihr einen oder zwei Faustschläge ins Gesicht. Es sei Notwehr gewesen, sagte er, die Frau habe zu einem Kopfstoß ansetzen wollen.

Am Wochenende äußerte sich nun erstmals Polizeipräsident Schmidbauer zu dem Vorfall. In einem tz-Interview schilderte er den Vorfall nur aus Sicht seines Beamten, spricht von einem "Drogenrausch" der Frau und erklärte, der Beamte halte auch heute noch seine Reaktion für angemessen. "Das schlechte Bild dieses Falles in der Öffentlichkeit" liege "natürlich am Foto", das die Zeitungen von der verletzten Frau veröffentlicht hatten.

"Ungeheuerlich, Wahnsinn!" nennt das Franz J. Erlmeier, der Anwalt des 23-jährigen Opfers. Schmidbauer stelle sich damit hinter seinen Beamten, "er hat den Tatablauf quasi schon festgelegt", sagt Erlmeier. Jetzt sollten die internen Ermittler unbefangen ihre Arbeit machen, "dabei ist Schmidbauer auch ihr Dienstherr". Dass die einzige Sorge Schmidbauers der Außenwirkung der Polizei gelte, sei unsäglich.

"Kein Bedauern für das Opfer"

Grünen-Stadtrat Benker fordert deshalb das Münchner Präsidium auf, die Ermittlungen in dem Fall abzugeben. Wenn ein Polizeipräsident ausschließlich die Schilderung seines Beamten in der Öffentlichkeit wiedergebe, dann habe er damit längst ein Urteil abgegeben. Das Opfer werde dämonisiert, und auch nicht die Verletzungen der Frau seien schlimm, sondern "das Foto der Verletzungen". Bezeichnend sei, so Benker weiter, dass Schmidbauer "keine Entschuldigung und kein Bedauern für das Opfer" findet.

Die Polizeiinspektion 21 in der Au: Hier wurden der jungen Frau die Verletzungen beigebracht.

Die Polizeiinspektion 21 in der Au: Hier wurden der jungen Frau die Verletzungen beigebracht.

Schmidbauer reagierte am Sonntag auf die Vorwürfe und verteidigte sich: "Ich will nicht in den Ruf geraten, dass ich der Staatsanwaltschaft Vorgaben mache, ich kann das auch gar nicht", sagte er der SZ. Er habe nicht gesagt, dass der Faustschlag konsequent war und habe keine Bewertung abgegeben. "Ich habe die Sichtweise des Beamten und den Sachstand der Ermittlungen dargestellt, sonst nichts", so Schmidbauer. Die internen Ermittler sollen nun alle Tatsachen unbefangen auf den Tisch legen.

"Wir wollen die Sache klären, wir wollen keine Schläger oder Kriminelle in unseren Reihen haben", sagte der Polizeipräsident. Die Staatsanwaltschaft reagierte zurückhaltend auf Schmidbauers Äußerungen. "Als Dienstvorgesetzter des Mannes kann er sagen was er will", sagte Thomas Steinkraus-Koch, "aber das hat auf unsere Ermittlungen keinen Einfluss".

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