Nach Fund eines toten Babys:Können Babyklappen Müttern helfen?

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Sie sollen Müttern einen Ausweg bieten. Die Münchnerin, die ihren toten Säugling bei ihren Eltern versteckt hat, nutzte die Babyklappe nicht. Es muss mehr informiert werden, sagt deshalb Peter Freisinger, Kinderarzt am Klinikum Schwabing.

Sibylle Steinkohl

Babyklappen sollen Müttern, die ihr Neugeborenes nicht selbst aufziehen wollen, einen Ausweg bieten. In München gibt es zwei dieser anonymen Stätten, bei den Schwestern vom Guten Hirten an der Stadtgrenze zu Pullach und beim Krankenhaus Schwabing, unweit der Wohnung der Studentin, die ihr totes Baby bei den Eltern versteckt hatte. Über die Klappen müsse mehr informiert werden, sagt Peter Freisinger, Kinderarzt am Klinikum Schwabing.

SZ: Wie oft ist die Schwabinger Babyklappe bisher genutzt worden?

Freisinger: Seit 2002 schon einige Male, genaue Zahlen können wir nicht bekanntgeben. Aber es ist nicht so, dass jedes Jahr zwei Babys darinliegen.

SZ: Warum sind es nicht mehr Babys?

Freisinger: Manche Frauen wissen schlicht und einfach nicht, dass und wo es eine Babyklappe gibt. Das öffentliche Interesse war anfangs groß, dann ist das Thema wieder in Vergessenheit geraten. Wie sollen es die betroffenen Mütter auch erfahren? Viele, die ihre Schwangerschaft geheim halten, suchen nicht einmal einen Frauenarzt auf, sie verleugnen vor anderen und auch vor sich, dass sie ein Kind erwarten. Die Motivation, sein Kind nicht aufzuziehen, ist sicher unterschiedlich. Manchen Frauen hilft die Babyklappe da offenbar nicht.

SZ: Fürchten sie, entdeckt zu werden?

Freisinger: Diese Angst kann ich den Müttern nehmen. Die Babyklappe bei uns ist nicht einsehbar, sie befindet sich in einer geschützten Nische. Der Alarm wird erst ausgelöst, wenn man die Tür wieder schließt. Die Schwester, die gerufen wird, arbeitet in der Notaufnahme. Sie kümmert sich nur um das Kind und schaut nicht, ob jemand um die Ecke biegt. Mit keinem Baby hatten wir ein medizinisches Problem, alle waren gesund.

SZ: Und die Mütter haben die Chance, ihre Meinung später zu ändern.

Freisinger: Ja, die Mutter kann sich später melden. Ein Schreiben in der Klappe informiert sie genau. Jede Frau hat auch die Möglichkeit, einen Fußabdruck ihres Kindes zu machen, mit dem sie dann wiederkommen kann. Er dient der Identifizierung - oder als Erinnerung. Die Babys kommen nach gründlicher ärztlicher Untersuchung in eine Pflegefamilie, bevor ein Adoptionsverfahren eingeleitet wird. Es ist also Zeit, die Entscheidung zu überdenken. Bei uns hat sich bisher noch niemand gemeldet, bei den Schwestern in Pullach eine Frau.

SZ: Dennoch sind Babyklappen umstritten.

Freisinger: Ich finde sie sinnvoll, auch wenn nicht allen betroffenen Frauen damit geholfen werden kann. Aber wir müssen mehr darauf aufmerksam machen.

© SZ vom 23.04.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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