Münchner Wasser:Ein Prosit auf Mangfall und Loisach

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Das Münchner Trinkwasser kommt direkt aus den Quellen - pro Kopf werden täglich 230 Liter verbraucht.

Martin Thurau und Philipp Wolff

Uferfiltrat - das klingt geradezu nach fiesem Beigeschmack. Muss es nicht haben, das Wasser aus dem Fluss; es wird abseits des Ufers gefördert und ist beim Durchsickern des Bodens mehr oder weniger gut gereinigt worden - viele Städte gewinnen so einen Teil ihres Trinkwassers.

München dagegen versorge sich ausschließlich mit "quellfrischem Wasser", werben die hiesigen Stadtwerke. Das klingt deutlich besser, zumal die Werke obendrein auch nicht müde werden, lange Kolonnen von Messwerten in ihren Publikumsbroschüren abzudrucken.

Die vielen Nullen nach dem Komma sollen dem geneigten Leser vor allem eines signalisieren: Im Münchner Wasser ist kaum etwas drin, was nicht hineingehört, Schadstoffe jedenfalls nur weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte. Es ist unbehandelt und muss nur an wenigen Tagen im Jahr gechlort werden. Reichlich viel Kalk führt das Wasser, das sei zugegeben. Das nervt die Teetrinker, ist aber völlig harmlos.

Dass die Welt der Münchner Wasserwerker im Vergleich so rundherum in Ordnung erscheint, hat eine lange Geschichte. Die Basis für die Versorgung Münchens mit Trinkwasser aus Quellgebieten den Voralpen wurde bereits im 19. Jahrhundert gelegt. Heute sind es im Groben drei Quellen, aus denen sich die Versorgung speist: Rund 80 Prozent des täglichen Wasserbedarfs decken die Förderanlagen im Mangfalltal, rund 40 Kilometer östlich von München; sie liefern rund 3400 Liter pro Sekunde.

Bis zu 2500 Liter pro Sekunde kommen aus dem Loisach-Tal in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. In Spitzenzeiten oder dann, wenn eine der anderen Quellen zum Beispiel wegen Reparatur- oder Wartungsarbeiten an den Anlagen ausfällt, fördern die Stadtwerke zusätzlich Grundwasser aus der Münchner Schotterebene. Maximal 5600 Liter pro Sekunde könnten die Brunnen in der Schotterebene fördern.

Die Reserve ist also reichlich bemessen. Das sorgt dafür, dass München das Wasser kurzfristig auch in heftigen Hitzeperioden, wie sie derzeit herrschen, nicht ausgehen kann. Auch langfristig sehen die Stadtwerke keine Gefahr. Denn im Mangfall- und Loisach-Tal pumpen die Anlagen deutlich weniger ab, als die Natur nachfließen lässt.

Die so genannte Neubildungsrate beträgt in der Regel ein Mehrfaches der Entnahmemengen, sagt zumindest Rainer List von der Versorgungssparte der Stadtwerke.

Aus den Fördergebieten gelangt das Wasser über vier große Zuleitungen in riesige Zwischenspeicher, die Hochbehälter in Kreuzpullach, Deisenhofen und Forstenrieder Park. Zusammen fassen die Behälter rund 300 Millionen Liter, das macht 95 Prozent des Münchner Tagesbedarfs an Wasser.

Während der großen Hitze vor drei Wochen kletterte der Münchner Tagesverbrauch auch schon mal auf 400 Millionen Liter. Jetzt, bei der neuerlichen Rekordhitze dürfte die Tatsache, dass Ferien und viele Münchner in Urlaub sind, noch schärfere Belastungsspitzen kappen. In den letzten Tagen schwankten die Verbräuche zwischen 360 und 387 Millionen Liter.

Jeder Münchner verbraucht im Haushalt im Schnitt täglich 128 Liter: für Duschen, waschen, spülen und die Toilette - und ein wenig auch für Koch- und Trinkzwecke. Insgesamt ist der Verbrauch in der letzten Zeit gesunken, seit etwa fünf Jahren sind die Werte konstant. Legt man auch den Bedarf von Gewerbe und Industrie in München um, kommt man rein rechnerisch auf einen Pro-Kopf-Verbrauch von 230 Liter pro Tag. Insgesamt leiten die Stadtwerke jährlich rund 116 Millionen Kubikmeter in das Rohrnetz.

Tagsüber geben die Werke bis zu 12000 Liter pro Sekunde an das Netz ab, in der Nacht sind es im Schnitt 2000 Liter. Die riesigen Zwischenspeicher liegen im Süden deutlich über dem Höhenniveau der Stadt. Das sorgt auch in den feinsten Verästelungen des 3200 Kilometer langen Leitungsnetzes für ausreichenden Wasserdruck.

Damit der Druck auch über das unterschiedlich hoch gelegene Stadtgebiet konstant bleibt, haben die Techniker drei Zonen definiert, deren Zuflüsse unterschiedlich gespeist und druckreguliert werden - fast ausschließlich mit Wasser aus den Quellen in den Voralpen.

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