Trauerfeier für Karl-Heinz Wildmoser:"Im Grunde haben ihn alle mögen"

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Bei der Trauerfeier für Karl-Heinz Wildmoser am Waldfriedhof betonen die Redner seine Leistungen - ohne seine Fehler zu verschweigen.

Gerhard Fischer

Die Trauerfeier war für 15 Uhr angesetzt, aber natürlich strömten die Menschen schon lange vorher zum Waldfriedhof im Münchner Westen. Ein Mann mit Helm und Löwen-Schal fuhr um 14.15 Uhr auf einem hellblauen Roller durch die Zöllerstraße, ein älterer Herr mit Gamsbart und gezwirbeltem Schurrbart stolzierte durch den Friedhof zur Aussegnungshalle.

Unübersehbar Löwe: Ein treuer Fan des TSV 1860 München bei der Trauerfeier. (Foto: Bongarts/Getty Images)

So vielfältig das Leben des Verstorbenen war, so verschieden waren auch die 600 Trauergäste: Löwen-Fans, bodenständige Bajuwaren, junge Fußballer, Wiesnwirte, Münchner Politiker, einfache Leute - sie alle nahmen am Mittwochnachmittag Abschied von Karl-Heinz Wildmoser. Der Wiesnwirt und frühere Präsident des TSV 1860 war am vergangenen Mittwoch im Alter von 71 Jahren in einer Münchner Klinik gestorben.

Wer zur Aussegnungshalle im Waldfriedhof gelangen will, muss über einen breiten Kiesweg gehen, der von Eichen und Tannen gesäumt ist. Dieser Weg wurde zwischen 14 und 15 Uhr zum Laufsteg von bekannten und unbekannten Münchnern oder von Menschen, die einmal in München gewirkt haben wie der heutige Schalke-Manager Horst Heldt, der in den neunziger Jahren beim TSV 1860 gekickt hatte. Heldt kam an der Seite von Jens Jeremies, den alle Löwen-Fans lieben, weil er das verkörperte, was ankommt beim Arbeiterverein: Willen, Kampfgeist, Ehrgeiz.

Den Weg nahmen ebenfalls: Karl-Heinz Wildmoser junior mit seiner Mutter, der 1860-Vizepräsident und SPD-Politiker Franz Maget, Münchens CSU-Fraktionschef Josef Schmid, der frühere Trainer Werner Lorant, Paul Breitner, der Meisterlöwe von 1966, Fredi Heiß, die aktuelle Mannschaft mit Trainer Rainer Maurer, die Wiesnwirte mit einer großen Fahne und viele mehr. Und alle wurden an der Treppe, die vom Kiesweg zur Aussegnungshalle führt, von den Fotografen abgelichtet. "Die machen schon die nächsten Sterbebilder", sagte einer, der dabeistand. Karl-Heinz Wildmoser hätte wohl darüber lachen können - das war auch sein Humor.

Wildmoser war ein Mensch mit krachendem Witz und ein Bodenständiger, der München nur ungern verließ. Er trug Trachtenjanker, er hörte Volksmusik. Dementsprechend sollte seine Trauerfeier sein. "Er hat einmal zu mir gesagt, dass sein Abschied richtig bayerisch werden soll", verriet Pfarrer Valentin Tremmel vor der Feier. Also spielten die Waakirchner Sänger mit ihrer Zither; außerdem sang Wildmosers Freund Herbert Huber "Buona Sera Signorina", ein Lied, das der Verstorbene zu später Stunde gerne selbst zum Besten gab.

Tremmel, Anhänger des TSV 1860 München und langjähriger Fanclub-Vorsitzender in Obing, hielt den Gottesdienst, assistiert von Pater Sebastian Raß von der Wallfahrtskirche Maria-Hilf in Vilsbiburg; auch Raß ist ein Löwe. Raß und Tremmel wählten für Lesung und Predigt den ersten Korintherbrief, in dem es heißt: "Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Liebe aber ist das Größte."

Karl-Heinz Wildmoser war ein Mensch, der spaltete; manche liebten seine hemdsärmelige, autoritäre Art, andere nicht. Tremmel wollte mit seiner Predigt ausdrücken, dass man den Streit im Angesicht des Todes vergessen solle. "Jetzt soll nur noch die Liebe bleiben", sagte er und attestierte den Wildmoser-Gegnern mit sicher ungewollter Komik eine gespaltene Persönlichkeit: "Im Grunde haben ihn alle mögen, auch die, die ihn nicht mögen haben."

Wildmoser wollte eine schlichte Feier. Die bekam er. Nur eine knappe halbe Stunde dauerten das Zitherspiel und die Gebete, ehe einige Ansprachen folgten von Menschen, die lange mit ihm zu tun hatten. Oberbürgermeister Christian Ude sagte, Wildmoser habe in München polarisiert, aber "wir alle, die ihn bewundert haben oder uns an seiner autokratischen Art reiben mussten, waren schockiert, als wir hörten, dass dieses Löwenherz aufgehört hat zu schlagen".

Ude hielt eine ausgewogene Rede. Einerseits bezeichnete er den Verstorbenen als "große münchnerische Persönlichkeit"; andererseits verschwieg er nicht "die Zerwürfnisse", die es mit ihm gab, "den Skandal" gar beim Bau der Allianz-Arena, der den Wildmoser-Sohn Heinzi ins Gefängnis brachte.

"Ich sagte ihm damals harte Worte, die ihn verletzten, aber er blieb nichts schuldig", sagte Ude. "Und hätte er mich bei seinem 70. Geburtstag vor einem Jahr nicht als persönlichen Freund bezeichnet, täte ich mir heute schwer, hier zu reden."

Die Urne Karl-Heinz Wildmosers wird in den nächsten Tagen beigesetzt - im engsten Familienkreis.

© SZ vom 05.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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