Trauer um Jamuna Toni:Ein Tod, der Rätsel aufgibt

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Am Ende konnte es nicht mehr selbständig stehen: Elefantenkind Jamuna Toni ist tot. Ein genetischer Defekt? Fehler bei der Fütterung? Eine Obduktion in Berlin soll nun Erkenntnisse bringen.

Monika Maier-Albang

Heute Nacht hat man sie nach Berlin gebracht, allerdings nicht in einer Transportkiste, sondern in einem Sarg, sofern dieser Begriff für einen Elefanten statthaft ist. Denn das sechs Monate alte Elefantenkind Jamuna Toni, Stolz des Münchner Tierparks, ist tot. Das Tier war so schwer krank, dass es am Montag eingeschläfert werden musste. Im Berliner Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) wird der Leichnam des kleinen Elefanten nun untersucht, denn noch rätseln die Experten, was genau Jamuna Toni gefehlt hat.

Hier schien die Welt im Tierpark Hellabrunn noch in Ordnung: An Ostern spielte Jamuna Toni mit überdimensionalen Ostereiern. Insbesondere der schnelle Verlauf der Krankheit gibt Experten Rätsel auf. (Foto: dpa)

Seit Freitagnachmittag wussten die Tierärzte aus Hellabrunn, warum Jamuna Toni so schlecht fraß und sich kaum noch bewegen wollte. Pferdespezialisten hatten das Elefantenkalb mit einem tragbaren Röntgengerät untersucht und diagnostizierten "Epiphysiolyse", eine - für das Tier sehr schmerzhafte - Verschiebung der Wachstumsfuge.

Jamuna Toni wurde in die Pferdeklinik Gessertshausen bei Augsburg verlegt und in ein eigentlich für Ponys entwickeltes Tragegestell gepackt, um die Beine zu entlasten. Doch im Laufe des Wochenendes verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Tieres dramatisch: Kreislaufprobleme und eine Lungenentzündung kamen hinzu. Am Ende habe Jamuna Toni gar nicht mehr selbständig stehen können und "Schmerzäußerungen" von sich gegeben, sagt Tierparkdirektor Andreas Knieriem. Am Montagnachmittag beschloss eine achtköpfige Ethikkommission, das Elefantenkalb einzuschläfern. Pfleger und Tierparkleitung waren dabei, von einem "schweren Entschluss" spricht Knieriem am Abend sichtlich mitgenommen. "Sie war wie ein Mitglied der Familie."

Der rasche Krankheitsverlauf gibt den Experten Rätsel auf. Knieriem vermutet, dass das Tier unter einer Stoffwechselerkrankung litt, eine Art Glasknochenkrankheit. Trotz der Gipsverbände, die Jamuna Toni zuletzt trug, habe sie sich Brüche zugezogen.Oder wurden Fehler bei der Fütterung gemacht? Dafür spräche, dass der Defekt an Vor- und Hinterbeinen festgestellt wurde. Ellen Kienzle, Lehrstuhlinhaberin für Tierernährung an der Ludwig-Maximilians-Universität, hält einen genetischen Defekt, etwa eine angeborene Calcium-Stoffwechselerkrankung, vor diesem Hintergrund für unwahrscheinlich.

Da Jamuna Toni von ihrer Mutter verstoßen wurde, musste der Tierpark das Elefantenkind mit einer eigens von einer Hamburger Firma hergestellten Milch per Hand aufziehen - ein schwieriges Unterfangen.

Um der Ursache auf den Grund zu gehen, soll das tote Elefantenbaby in Berlin untersucht werden. Im IZW steht Europas modernster Computertomograph - ganz neu und in XL, groß genug für ein 180-Kilo-Elefantenbaby. In der Röhre werden dreidimensionale Bilder von den Extremitäten und den inneren Organen des Tieres gefertigt. Danach soll Jamuna Toni obduziert werden.

Die Münchner hoffen unterdessen, dass das nächste Elefantenbaby gesund ist und von der Mutter akzeptiert wird. Im Mai kommenden Jahres soll es zur Welt kommen.

© SZ vom 15.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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