Ermordeter Finanzmanager:Ein Aktenordner voll belastender Beweise

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Prozess um den ermordeten Dirk P: Neben zahlreicher Fingerabdrücke fanden sich auch Schmauchspuren an der Kleidung des Angeklagten.

Christian Rost

Es ist noch nicht bewiesen, dass Rainer H. den Manager Dirk P. aus Habgier erschossen hat. Der Hausmeister bestreitet dies ohnehin. Zunächst lenkte er den Verdacht auf einen Autolackierer aus Weilheim, der allerdings ein Alibi für die Tatzeit hat. Und dann orakelte der des Mordes angeklagte H., als seine Mutter ihn in der Untersuchungshaft besuchte, etwas über eine Intrige seiner Exfrau: Man wisse genau, wozu die Mutter seiner Kinder fähig sei. Der Haken an dieser Geschichte: Alle Beweise, die in der ersten Prozesswoche vor dem Münchner Schwurgericht vorgelegt wurden, deuten allein auf Rainer H. als Täter hin.

An der Kleidung des Angeklagten im Prozess um den ermorderten Dirk P. wurden Schmauchspuren an der Kleidung des Angeklagten gefunden. (Foto: dapd)

Er hinterließ so viele Spuren am Tatort oder auch im Audi A8, den er laut Anklage seinem 37-jährigen Opfer rauben wollte, dass die Liste der von der Spurensicherung georteten DNS einen Aktenordner füllt. Neben dieser Vielzahl von genetischen Fingerabdrücken fanden sich auch Schmauchspuren einer Schusswaffe an Lederhandschuhen und Kleidungsstücken des 40-Jährigen.

Katja Anslinger, DNS-Expertin am Institut für Rechtsmedizin, stellte dem Gericht am Freitag den Spurenkatalog im Mordfall Dirk P. vor. Essenz des Vortrags: DNS des Angeklagten fand sich an Latexhandschuhen, die H. getragen haben soll, als er den toten Manager ins Leichensäcke einpackte und sein Opfer in seinem VW-Bus ablegte. Genetische Fingerabdrücke wurden auch auf zwei Patronenhülsen gesichert, die aus der Tatwaffe, einer Ruger Kaliber 22, stammen. An einer Nahtstelle in einem Leichensack befand sich ebenfalls DNS des Angeklagten. Weitere DNS haftete an einem Mobiltelefon, mit dem der Manager angerufen worden war, und im Audi A 8. Die Latexhandschuhe, die Patronenhülsen die Papiere und die Schlüssel des Audi hatte H. bei sich, als er am 16. Januar, zwei Tage nach dem Mord, festgenommen wurde.

"Hohes Gericht, ich bin unschuldig", hatte Rainer H. am ersten Prozesstag gesagt. Wie aber gelangten Schmauchspuren an die Ärmel seines Mantels, seine Lederhandschuhe, seine Hose und in seine Aktentasche? Eine Sachverständige des Landeskriminalamtes (LKA) ordnete die unter dem Rasterelektronenmikroskop sichtbar gemachten Blei- und Barium-Anhaftungen "eindeutig als Schussrückstände" ein. Die Partikel sind nach den Angaben der Spurenexpertin leicht übertragbar, weshalb sie auch ohne weiteres in eine Aktentasche gelangen könnten. Etwa wenn der Schütze seine Waffe nach Gebrauch in der Tasche verstaue oder mit verschmauchten Händen auch nur hineinfasse.

LKA-Ballistiker Simon Eichner half der Schwurgerichtskammer unterdessen, den genauen Ablauf des Mordes zu rekonstruieren. Seinen Berechnungen zufolge traf etwa die Hälfte der 13 abgefeuerten Schüsse das Opfer im Stehen und im Fallen. Dabei drangen drei Projektile in den Kopf ein. Die anderen Schüsse wurde auf Dirk P. abgefeuert, als dieser, vermutlich in der Laimer Garage des Angeklagten, schon am Boden lag. Das Sakko des Managers, sein Schal, sein blaues Hemd und die dunkelgraue Hose waren durchlöchert. Die Schussdistanz betrug mehr als 1,4 Meter. Zehn Projektile blieben im Körper des Getöteten stecken.

Eichner hat auch eine Erlärung dafür, wes halb niemand die Schüsse gehört hatte. Zur Tatwaffe, die H. illegal besaß, gibt es auch einen Schalldämpfer mit beachtlicher Wirkung. Der Mündungsknall werde damit auf ein Zehntel reduziert, sagte der Ballistiker. Tests in der Laimer Garage haben gezeigt, dass schallgedämpfte Schüsse aus der Ruger im Umfeld gar nicht als Schüsse wahrgenommen werden. "Es hört sich an wie Schläge mit einem Stock auf eine Bierbank", sagte Eichner. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.

© SZ vom 06.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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