München:Reaktionen auf das Comeback der alten Bahncard

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Kunden stürmen Fahrkartenschalter und Automaten.

Von Jost Maurin

"Ich bin froh, dass die Preisreform teilweise wieder rückgängig gemacht worden ist", sagt Dirk Göbbels mit seiner frisch gekauften Bahncard in der Hand. Der Chemiker freut sich, dass es seit Freitag wieder die alte Bahncard gibt, die 50 Prozent Rabatt auf den Normalpreis gewährt.

Gut, sie koste jetzt 200 Euro, aber "da ich wöchentlich zwischen Erlangen und München pendele, rentiert sich das in zehn Wochen", erzählt der 33-Jährige vor dem Reisezentrum am Hauptbahnhof.

Die alte Bahncard mit 50 Prozent Rabatt hat am Wochenende ein regelrechtes Comeback gefeiert: Seit ihrer Wiedereinführung sei sie am Münchner Hauptbahnhof bis Sonntagmittag rund 1025 Mal verkauft worden, heißt es bei der Bahn. "Das ist etwa das Vierfache dessen, was früher an Bahncards 50 an einem Tag verkauft wurde. Es gab einen gewissen Nachholbedarf", sagt Pressesprecher Franz Lindemair.

Für die Bahncard 25, die 25 Prozent Ermäßigung ermöglicht und jetzt nur noch 50 statt vorher 60 Euro kostet, hätten sich 192 Kunden entschieden. Die Bahncard100, die kostenlose Fahrten ermöglicht, wurde nach Unternehmensangaben elfmal verkauft. Sie kostet in der 2. Klasse 3000 Euro.

"Freitag war der stärkste Tag", berichtet Lindemair. Um den Ansturm zu bewältigen, hätten 20 bis 25 Prozent mehr Mitarbeiter als normalerweise die Kunden beraten. Etwa sechs Führungskräfte haben dem Sprecher zufolge bei der Bedienung der Fahrkartenautomaten geholfen und an den zusätzlichen Bahncard-Schaltern gearbeitet. "Wir ziehen das Fazit, dass der Anfang sehr gelungen war und wir jetzt eine hohe Akzeptanz bei unseren Kunden finden. Die Stimmung war trotz des großen Andrangs sehr entspannt", sagt der Pressesprecher.

Auf Zustimmung stößt neben der alten Bahncard auch, dass die Rabatte für Frühbucher erhöht worden sind. "Nach Berlin zu fahren ist billiger als vor der Reform", meint zum Beispiel Alexander Erhardt, der sich gerade seine Fahrkarte gekauft hat. Jetzt zahle er nur rund 90 Euro für die Hinfahrt Ende des Monats und die Rückfahrt Anfang September. Vorher habe es da nur 40 Prozent Rabatt gegeben, jetzt habe ihn die Bahn noch einmal um zehn Prozentpunkte erhöht, rechnet der Schreiner vor. "Ich spare 30 Euro." Er wolle in Zukunft sogar noch öfter mit der Bahn fahren als bisher.

Anders als Andrea Schmitt. Sie trägt einen Rucksack. Im Kinderwagen sitzt ihre fast zwei Jahre alte Tochter Julia. Gleich wollen sie nach Freiburg fahren. Mit dem neuen Preissystem hat sie auch nach der Reform so ihre Probleme. "Ich finde das total schlecht. Von diesen Frühbucherrabatten habe ich nichts - mit dem Kind, das immer krank werden kann", schimpft die Rechtsanwaltsgehilfin.

Der Bibliothekar Leonhard Nertinger kritisiert, dass die Bedingungen für Sparpreise mit ihrer Vorausbuchungsfrist und teilweisen Wochenendbindung immer noch kompliziert seien. "Und den Preis von 200 Euro für die alte Bahncard finde ich etwas seltsam. Ich habe den Eindruck, die Bahn wollte die nicht mehr haben, deshalb haben sie sie teurer gemacht", sagt Leonhard Nertinger. Einfacher seien die Tarife insofern geworden, als dass man den 50-Prozent-Rabatt der Bahncard leicht berechnen könne - so wie vor der Abschaffung der Karte. "Das ist fast das alte System."

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