Mord-Prozess:Bluttat vor dem Bildschirm

Lesezeit: 2 min

Menderes K. hat seine Frau erstochen, weil sie stundenlang am Computer saß und "World of Warcraft" spielte. Nun muss er sich vor Gericht verantworten.

Alexander Krug

"Ich war aufgewühlt, ich war nicht ganz bei mir", spricht Menderes K., 36, auf der Anklagebank in das Mikrofon vor ihm, das im Schwurgericht die Verständigung verbessern soll. Doch viel Verständnis kann er von den Richtern nicht erwarten für die Bluttat, derer er angeklagt ist. Im Januar dieses Jahres hat Menderes K. vor den Augen seines Sohnes seine Ehefrau getötet, mit der er seit fast 18 Jahren zusammenlebte. Die Anklage lautet auf Mord, ihm droht eine lebenslange Haftstrafe.

(Foto: Foto:)

Die Staatsanwaltschaft sieht als Ursache für die Tat, dass sich die Ehefrau nicht länger dem Willen des Angeklagten "hinsichtlich des weiteren Zusammenlebens" unterordnen wollte. Der eigentliche Anlass war dagegen ein banaler: Menderes K. war an jenem 16. Januar von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte seine Ehefrau am Computer spielend angetroffen. Das stundenlange Spielen des Online-Rollenspiels "World of Warcraft" hatte schon in der Vergangenheit für heftige Kontroversen zwischen den Ehepartnern gesorgt. "Sie war süchtig danach", behauptet Menderes K., der allerdings auch selbst stundenlang der Bildschirm-Ballerei frönte.

An jenem Abend gab ein Wort das andere, Menderes K. ging in die Küche, ergriff ein Küchenmesser mit einer 15 Zentimeter langen Klinge und stach auf seine Frau ein. Marion K., 35, wurde von vier Stichen getroffen, zwei davon direkt in den Oberkörper. Sie verblutete innerhalb kürzester Zeit. Der 16-jährige Sohn der Familie musste die Tat mitanschauen. Täter und Opfer waren zur Tatzeit angetrunken. Menderes K. hatte 1,7 Promille, seine Ehefrau etwa 1,2 Promille.

Marion und Menderes K. kannten sich seit 1989. "Wir haben uns in einer Disco kennengelernt", sagt er vor Gericht. Die Eltern des türkischstämmigen Angeklagten waren gegen die Beziehung: "Sie wollten, dass ich eine Muslimin heirate und keine Deutsche." Die Beziehung gestaltete sich schwierig, laut dem Angeklagten seien die "finanziellen Probleme" ein immer wiederkehrender Streitpunkt gewesen. Marion K. arbeitete nicht, Menderes K. war oft arbeitslos, zuletzt verdiente er als Lagerist rund 1500 Euro im Monat. Die fünfköpfige Familie war damit nicht zu ernähren. "Es hat nie geklappt", sagt der Angeklagte, "sie konnte nicht mit Geld umgehen."

Er selbst allerdings auch nicht, das muss er auf Nachfrage zugeben. Allein der ständig zunehmende Alkoholkonsum riss immer neue Löcher in die Haushaltskasse. Wiederholt trennte sich das Paar, fand wieder zusammen - doch die Probleme blieben. Als Marion K. über das Computer-Spiel einen Freund fand, wurde Menderes K. eifersüchtig. "Sie trug keinen Ehering mehr", beschwert er sich.

Statt sich endgültig zu trennen, zogen die beiden Ende 2006 aber doch wieder zusammen. Es dauerte nur wenige Wochen, dann brachen die alten Konflikte wieder hervor. Am 16. Januar geriet der Streit außer Kontrolle, "auf einmal hatte ich das Messer in der Hand", sagt Menderes K. etwas kryptisch. Der älteste Sohn, der die Bluttat mitansehen musste, wird Mitte der Woche im Prozess als Zeuge erwartet. Das Urteil ist für Freitag vorgesehen.

© SZ vom 23.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: