Mobilfunk und Kinder:"Wenn Handys schädigen, muss der Gesetzgeber reagieren"

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Das Münchner Institut für Arbeits- und Umweltmedizin führt bei Kindern und Jugendlichen eine Studie über die Gefahr von Mobilfunkstrahlen durch - Probanden werden noch gesucht.

Monika Maier-Albang

Ob die Strahlung von Handys und Mobilfunkantennen unsere Gesundheit beeinträchtigt, ist trotz vieler Studien noch nicht beantwortet. Nun bittet das Institut für Arbeits- und Umweltmedizin der Universität München 3000 Kinder und Jugendliche, an einer Studie teilzunehmen.

(Foto: Foto: dpa)

Im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) soll das Team um die Epidemiologin Katja Radon klären, ob die tägliche Strahlendosis Kinder krank macht.

SZ: Sie benötigen für Ihre Studie 1500 Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren und 1500 Jugendliche. Telefonieren Achtjährige schon mit dem Handy?

Radon: Das tun sie. Aber es geht uns nicht primär um die Exposition, also die Stahlenbelastung durch das eigene Handy. Uns interessiert, wie sich die Strahlung in unserer Umgebung auf unseren Körper auswirkt. Was macht die Mobilfunkbasisstation auf dem Nachbarhausdach mit den Kindern? Wie ist die Exposition, wenn ein Kind mit der S-Bahn im Tunnel fährt und alle drumherum versuchen zu telefonieren. Oder wenn die Mutter im Auto telefoniert.

SZ: Wie finden Sie die Kinder?

Radon: Die Einwohnermeldeämter schicken uns eine Zufallsstichprobe von Kindern und Jugendlichen dieses Alters. Wir schreiben dann die Familien an. Für den Erfolg der Studie ist es enorm wichtig, dass möglichst viele der Angefragten auch mitmachen. Nur so wird die Studie repräsentativ.

SZ: Eine Studie darüber, ob Handystrahlen das Krebsrisiko erhöhen, ist 2005 in Deutschland gescheitert, weil zu wenig Testpersonen gefunden wurden.

Radon: Ein Problem dabei war, dass die Teilnehmer sich über fünf Jahre verpflichten mussten. Und die Forscher konnten aufgrund der großen Teilnehmerzahl jeden nur einmal anschreiben. Wir werden uns mehrfach mit Erinnerungsbriefen an die Familien wenden, wenn jemand nicht antwortet. Bei unserer Vorstudie hatten 60 Prozent mitgemacht, das stimmt uns zuversichtlich.

SZ: Wählen Sie Kinder aus, die besonders nah an Sendemasten wohnen?

Radon: Nein, wir nehmen eine Stichprobe aus der Bevölkerung, damit wir sehen, ob es einen Unterschied macht, wenn Kinder einer hohen oder einer niedrigen Strahlungsmenge ausgesetzt sind.

SZ: Bei früheren Studien mussten die Teilnehmer notieren, wann und wie lange sie einer Bestrahlung ausgesetzt waren. Werden Sie ähnlich verfahren?

Radon: Auch unsere Teilnehmer bekommen ein kleines Tagebuch, in dem sie Symptome wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit notieren sollen. Aber das Neue bei uns ist das Mobilfunkdosimeter, das die Teilnehmer am Arm tragen. Bislang musste man ja selbst abschätzen, wie viel Strahlung man ausgesetzt war. Aber selbst wenn neben Ihnen jemand telefoniert, wissen Sie nicht, wie hoch Ihre Exposition ist. Das hängt zum Beispiel davon ab, wo die nächste Basisstation ist und wie stark sie frequentiert ist.

SZ: Wie können Sie ausschließen, dass die Teilnehmer aufgrund der Testsituation besonders sensibel reagieren?

Radon: Auf ihre Symptome achten an diesem Tag sicher alle überdurchschnittlich viel. Aber da die Kinder ja nicht wissen, ob sie zu denen gehören, die höher bestrahlt werden oder zu denen mit einer niedrigeren Exposition, verfälscht dies das Testergebnis nicht.

SZ: Wieso Kinder und Jugendliche?

Radon: Es gibt bislang wenig Studien mit dieser Gruppe, eben weil in der Vergangenheit das Meiste experimentell lief. Und Experimente mit Kindern sieht die Ethikkommission nicht gern. Die Eltern mögen es sowieso nicht. Andererseits haben aber gerade Eltern Sorgen, dass Kinder durch die Mobilfunkstrahlung besonders gefährdet sein könnten.

SZ: Wie stehen die Mobilfunkbetreiber zu Ihrer Studie?

Radon: Die halten es wie wir für wichtig, dass die Exposition objektiv ermittelt wird. Ansonsten warten sie sicher ebenso gespannt auf die Ergebnisse.

SZ: Gehen Sie davon aus, dass es zwischen Stadt und Land Unterschiede gibt?

Radon: Es ist zu vermuten, dass die Strahlenbelastung auf dem Land geringer ist. Deshalb messen wir nicht nur in Augsburg und München, sondern auch in einer Kreisstadt und in einer Kleinstadt. Welche das sind, steht noch nicht fest.

SZ: Angenommen, Ihre Studie ergibt, dass Handystrahlen tatsächlich krank machen. Wird das Konsequenzen haben?

Radon: Unsere Pilotstudie hat ergeben, dass die jetzigen Grenzwerte eingehalten werden. Wenn die Studie dies bestätigt, wir aber trotzdem herausfinden sollten, dass die Strahlen schädigen, muss der Gesetzgeber reagieren.

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