Max Raabe im Deutschen Theater:Frrrauen, Liebe - und traurige Karpfen

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Wenn Max Raabe im Deutschen Theater singt, sieht er aus wie ein traurig gelangweilter Karpfen. Das lockt Gunter Sachs und Baby Schimmerlos an.

Philipp Crone

Bei der Hitze auch noch Fackeln: Im Innenhof des Deutschen Theaters stehen Luft und Gäste. Der Weg über den flammengesäumten roten Teppich ist überfüllt. Promis, Schaulustige und gemeine Besucher von "Max Raabe und das Palastorchester" stauen sich vor dem Eingang.

Mittendrin ächzt Schauspieler Franz Xaver Kroetz den Fotografen entgegen: "Hoaß is!" Er will nicht posieren, sondern gleich rein. Denn das Theater ist klimatisiert, und es wartet Max Raabe, cooler geht's nicht.

Im Foyer werden noch schnell ein paar Hände geschüttelt, leere Gläser abgestellt und Zigaretten in Letzter-Gong-Panik ausgedrückt. Fast alle Plätze sind besetzt, als der Mann ohne Mimik auf die Bühne kommt.

Max Raabe geht zum Mikro, als habe er einen Besenstiel zum Abendessen gehabt; er singt die 20er Jahre für zwei Stunden nach München, wird aber bis zur Feier nach der Show nicht einmal lachen.

Die Haare zurückgegelt, mit bleichem Mathematikstudentengesicht beugt Max sich zum Mikro und rollt sein "R". Es gehe hauptsächlich um Frrrauen an diesem Abend, sagt er. Bei jedem - und es ist sein Lieblingswort - "Küssen" schiebt sich sein Unterkiefer für das "Ü" vor. Die besungenen Damen tänzeln auch prompt zu acht und unterbekleidet auf die Bühne.

Ausstrahlung wie ein gebrauchter Zahnstocher

Das Publikum johlt und klatscht. Es ist eine perfekte Inszenierung. Nur einmal nicht. Da versagt ein Funkmikro. Max dreht es gelangweilt um, da funktioniert es plötzlich doch, er singt weiter wie ein traurig gelangweilter Karpfen, als wäre nichts gewesen - von der Liebe, den Frauen und natürlich vom Küssen.

Dieser Moment macht klar: Er ist wirklich cool. In der Pause sagt Kroetz: "Der Mann hat eine Ausstrahlung wie ein gebrauchter Zahnstocher - und ist auf seine Art genial."

Minimal Art. Max lehnt sich während der gesangfreien Passagen lässig ans Piano. Wenn er von den Frauen erzählt, funkeln seine Augen, das Publikum kann sich kaum halten.

Es folgen Hits, Zugaben und Vorhänge. Dann dürstet es die Gästeschar. Im Keller steht schon eine Pyramide aus Champagnergläsern bereit. Als auch hier die Hitze dank Lichtstrahlern und Menschenmasse schweißtreibend wird, treten Raabe und Co. unter das Volk, und siehe da: Mister Cool setzt an zu einem Lächeln.

Die Musiker grinsen schon lange über beide Ohren, bilden eine Gläserkette zur Champagnerpyramide. Es hilft aber nichts, es wird auch ihnen immer wärmer. Nur ein einziger hat im Keller nach kurzer Zeit noch keine glänzende Stirn. Wer wohl?

© SZ vom 21. 6. 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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