Legionellen in der Leitung:Gefahr aus der Dusche

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Legionella pneumophila: Das stabförmige Bakterium kann grippeähnliche Symptome auslösen. (Foto: Janice Haney Carr/dpa)

In München sind immer wieder Wohnhäuser von Legionellen betroffen - stabförmige Bakterien im Leitungswasser, die grippeähnliche Symptome und Durchfall hervorrufen können. Deshalb hat der Gesetzgeber nun Mehrfamilienhäuser zu einer Untersuchung der Wasserleitungen verpflichtet.

Von Michael Morosow

An einem Tag im November 2013 haben knapp 200 Eigentümer und Mieter eines Wohnblocks an der Rolf-Pinegger-Straße in der Blumenau gleichzeitig die Warmwasserhähne in ihren Bädern bis zum Anschlag aufgedreht und die bis zu 70 Grad heiße Brühe drei Minuten lang laufen lassen. Nach dieser Gemeinschaftsaktion haben nicht wenige der Bewohner die erste Dusche seit langem genossen - befreit von der Angst, sich mit Legionellen-Bakterien zu infizieren.

Dass die thermische Desinfektion der Wasserleitungen in ihrem Wohnhaus unbedingt notwendig sei, hatten sie zwei Wochen zuvor einem Aushang in den Treppenhäusern entnehmen können: Eine Untersuchung des Wasser habe eine "extrem hohe Legionellenkontamination" ergeben, stand auf dem Papier der Hausverwaltung zu lesen. "Extrem hoch" bedeutet, dass der Grenzwert von 100 Bakterien pro 100 Milliliter Wasser mindestens um das Hundertfache überschritten ist, somit die Gefahr einer Erkrankung mit grippeähnlichen Symptomen bis hin zur schweren, in seltenen Fällen tödlichen Lungenentzündung besteht.

Die Entdeckung der Legionellenbelastung im Wohnhaus in der Blumenau war dabei keineswegs Ergebnis einer freiwilligen Routinekontrolle, sondern eines gesetzlich vorgeschriebenen Leitungschecks mit Fristvorgabe. Bis zum 31. Dezember 2013 mussten Vermieter, die einen zentralen Wasserspeicher mit mehr als 400 Liter im Haus haben, das Trinkwasser auf mikrobakterielle Belastung untersuchen lassen. Wer das bislang versäumt hat, dem droht ein saftiges Bußgeld von bis zu 25.000 Euro, wenn Menschen durch dieses Versäumnis zu Schaden kommen.

Mit dieser Angst werden in den nächsten Monaten nicht wenige Münchner Vermieter leben müssen, denn nicht allen ist es gelungen, rechtzeitig ein Labor für eine Untersuchung von Wasserproben zu gewinnen, obwohl die Prüffrist durch den Gesetzgeber ohnehin schon um 14 Monate verlängert worden war. "Wir sind definitiv an unserer Kapazitätsgrenze angelangt", sagte etwa Mitte Dezember eine Sprecherin des in München-Perlach ansässigen Trinkwasserlabors Dr. Staber & Kollegen. Seit November bis Ende Januar würden nur noch Bestandskunden bedient.

Das Münchner Gesundheitsreferat schätzt, dass in der Landeshauptstadt zirka 50.000 Mehrfamilienhäuser eine zu einer Untersuchung verpflichtende Großanlage zur Trinkwassererwärmung haben. Wie viele Anlagenbetreiber der gesetzlichen Pflicht bis Fristende nachgekommen sind, entzieht sich indes der Kenntnis des Referats, da nur auffällige Befunde mit einem Nachweis von Legionellen gemeldet werden müssen. Dies sei bisher bei etwa 5000 Anlagen der Fall gewesen, zumeist freilich mit Werten unterhalb einer extremen Kontamination.

Laut Katrin Zettler, der Sprecherin des Gesundheitsreferats, sind im Vorjahr im Schnitt ein bis zwei Mal pro Woche Nutzungseinschränkungen oder gar Duschverbote aufgrund überhöhter Legionellenwerte ausgesprochen worden. Vor der gesetzlichen Verpflichtung zur Untersuchung sei dies vereinzelt der Fall gewesen. "Mehr Kontrollen, mehr Beanstandungen, das ist so wie beim TÜV", sagt Zettler.

Beim Sportverein TSV Allach waren die stäbchenförmigen Bakterien im November Spielverderber. In der städtischen Sporthalle an der Eversbuschstraße, die neben dem TSV auch vom Münchner Sportclub (MSC) sowie von vier Schulen genutzt wird, waren deren 10.000 pro 100 Milliliter Wasser gemessen worden, woraufhin die Duschen gesperrt wurden. "Inzwischen laufen sie wieder", sagte der Vereinswirt am Montag.

© SZ vom 07.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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