Kurzkritik:Knabenromantik

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"Rebellen" nach Sándor Márais Roman im Pathos

Von Ekaterina Kel, München

Süß irgendwie, diese vier Lümmel mit ihren hochgekrempelten Hosenbeinen, hübschen Hemdchen und Soldaten-Jäckchen. Sie hängen in ihrem Geheimversteck ab, rauchen haufenweise billige Zigaretten und kokettieren mit der Romantik ihrer Jugend. Aber eigentlich verstecken sie sich vor der autoritären, kriegstraumatisierten Hand ihrer Väter. Würden sie in den Siebzigerjahren leben, wären sie sicher Punks. Die Knaben erzählen sich intime Kindheitserinnerungen und teilen ihre Ängste. Bis die Stimmung zwischen nicht immer unschuldiger Homoerotik und Kabbeleien an der Grenze zu Mobbing ins Wanken gerät.

Swen Lasse Awe, Regiestudent an der Otto-Falckenberg-Schule, inszenierte eine eigene Bühnenfassung von Sándor Márais Roman "Die jungen Rebellen" im Pathos. Der junge Regisseur ließ seine Schauspielkollegen fürchterlich verschachtelte Sätze rezitieren. Denn weil erzählerisch sehr dicht, viel zu detailliert und hochgradig poetisch ist der Text leider zu sperrig für die Bühne. Die Figuren können nur angerissen werden, die Handlung kann sich nicht ordentlich entfalten, stattdessen fällt der Fokus auf einzelne Schlüsselszenen. Aber diese füllen die Akteure mit ergreifendem Spiel und großer Bühnenpräsenz. Dem unübersichtlichem Narrativ zum Trotz offenbart sich die wahre Stärke der Inszenierung im atmosphärischen, fast filmischen Zauber der Stimmungen. So auch bei der Figur des Schauspielers, der die Jungs verführt. Die Szene ist so ganz anders, dass ein echter, aber sehr produktiver Bruch in der Inszenierung entsteht und auf einmal die Form eine größere Rolle spielt als die Aussage: Der Fatsuit, ein Stück Kostüm, verleiht dem Schauspieler ungeahnte Möglichkeiten der Selbstdarstellung. Licht und Ton verwandeln die Szene in eine albtraumhafte Sequenz, und die Studenten bringen ihre Phantasie so richtig zum Glühen. Mit auf der Bühne: eine Band aus Akkordeon, Kontrabass und E-Gitarre, die die Knabenromantik mit nostalgischen Klängen begleitet. Die Antihaltung wurde schon oft romantisiert - Nietzsche und Tocotronic dürfen im Programmheft nicht fehlen. Doch am Ende zerbricht die Freundschaft an Liebesgeständnissen, Protzigkeiten und Geldsorgen. Rebellen? Wohl eher Grünschnäbel.

© SZ vom 31.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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