Kurzkritik:Erfinder

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Godspeed You! Black Emperor zelebrieren eleganten Postrock

Von Jürgen Moises, München

Modern Country, Indie-Blues, New Folk? Die Musik, die Carla Bozulich begleitet von einem Bassisten im Vorprogramm von Godspeed You! Black Emperor in der ausverkauften Freiheizhalle vortrug, ist nicht leicht zu fassen. Was sie prägt, ist die ausdrucksstarke Stimme der Amerikanerin, die seit den 1980ern Musik macht. In Deutschland ist sie immer noch eine Entdeckung. Bei Godspeed You! Black Emperor ist die Genrefrage dagegen schnell geklärt: Postrock. Denn die Kanadier haben mit Alben wie "Lift Yr. Skinny Fists Like Antennas to Heaven!" dieses Genre nicht nur an seinen Zenit geführt, sie haben es im Grunde erfunden. Und auch wenn ihr Rückzug aus der Musikwelt im Jahr 2003 endgültig gewesen wäre: Ihr Platz in der Geschichte wäre sicher gewesen. Dann gab es mit "Allelujah! Don't Bend! Ascend!" 2012 plötzlich ein neues Album, und 2015 mit "Asunder, Sweet and Other Distress" noch eins hinterher.

Beim ersten München-Auftritt der achtköpfigen Formation seit 13 Jahren standen diese auch im Zentrum. Vom 2012er-Album gab es das sich klassisch postrockig hochschaukelnde "We Drift Like Worried Fire" und das großartige "Mladic". Allein dieses an drei Gitarren, zwei Bässen, zwei Schlagzeugen und Violine vorgetragene 20-Minuten-Monstrum beinhaltet das gesamte Godspeed-Universum: Sich zu wagnerianischen Dimensionen auftürmende Gitarrenwände, flirrende Geigentöne, donnerndes Schlagzeug. Ein von 16mm-Filmbildern begleiteter Soundtrack zur Apokalypse, in dem sich Momente großer Schönheit finden.

Das wie sinfonisch aufgebaute "Asunder, Sweet and Other Distress" spielen die Kanadier konsequenter Weise ganz. Es beginnt sehr rifflastig mit "Peasantry", gefolgt von fast Ligeti-artigen Klangflächen, bis einen dann "Piss Crowns Are Trebbled" mit orchestralem Pomp nach zwei seligen Stunden im einzigartigen Klangkosmos von Godspeed You! Black Emperor hinauswirft.

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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