Kurzkritik:Ein Schelm

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James Last auf Abschiedstour in der Olympiahalle

Von Ralf Dombrowski, München

In der Pause stibitzen Senioren Plakate von den Wänden der Olympiahalle. Und vor der Bühne wird gefilmt und fotografiert, bis die Speicherkarten glühen. Den Künstler kümmert es nicht, im Gegenteil. James Last stellt sich gern in Positur, lächelt sein Publikum an, der alte Herr im Show-Anzug mit weißem Pferdeschwanz und der Aura der unbeschwerten Jahre. "Wir haben Spaß hier auf der Bühne. Fünf Wochen Abschiedstournee, und wir haben Spaß", meint er und lässt seine Musiker tanzen, winken, animieren.

Das ist nicht nur so dahingesagt. Mit seinen Arrangements und Medleys beweist der 86-jährige Bandleader eine augenzwinkernde Form von Humor, die beiläufig sogar ein paar schelmische Seitenhiebe austeilt. Denn mit der für seine Programme typischen Selbstverständlichkeit packt Last Musik aus verschiedenen Zeitaltern und unterschiedlicher Kategorien zusammen. Er stellt ein "Präludium" von Bach neben "A Night In Tunesia", die "Geschichten aus dem Wienerwald" neben "Happy", "Biscaya" neben den "Säbeltanz". Er geht sogar soweit, Aviciis "Wake Me Up" mit Karnevalsschlagern oder LMFAOs "Party Rock Anthem" mit "Rosamunde" zu verschneiden und macht damit klar, dass der Sound, zu dem die Jungen zappeln, sich so sehr nicht von dem unterscheidet, zu dem die Alten schwoften. Zwischendurch gibt es außerdem Momente des großen Pathos, wenn Last seinen "Einsamen Hirten" auspackt, zwar nicht mit Gheorghe Zamfir, dafür aber dem mindestens ebenso souveränen Matthias Clasen als Panflötisten.

Mit einer Spur von Genugtuung erzählt James Last dazu die Geschichte, wie er eines Tages Quentin Tarantino am Telefon hatte, der das Stück für den Abspann von "Kill Bill" haben wollte, eine der vielen Anekdoten eben, die der dienstälteste Entertainer der Bundesrepublik im Laufe seiner Arbeit erlebt hat. Dann lächelt er wieder und erwähnt ganz beiläufig, dass er ganz bestimmt noch einmal wiederkommt. Denn keine Abschiedstournee muss endgültig sein.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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