Künstlerin Barbara von Johnson:Der Kobold in ihr

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Die Künstlerin Barbara von Johnson hat vor fast 50 Jahren dem Pumuckl ein Gesicht gegeben. Heute malt sie noch immer - allerdings ganz anders. Der Kobold beschäftigt die Münchnerin nur noch vor Gericht.

Lisa Sonnabend

Wo hat Pumuckl sich bloß versteckt? In dem Keller stehen großflächige Gemälde, Collagen und Objekte aus Holzstämmen, aber von dem kleinen Kobold: keine Spur. Dabei ist man hier in diesem großen Haus in München-Schwabing doch eigentlich genau richtig, wenn man nach dem Klabautermann sucht.

"Starke Frauen": Barbara von Johnson steht im Keller ihres Hauses vor ihren aktuellen Werken. (Foto: Foto: sonn)

Denn hier lebt die Künstlerin Barbara von Johnson. Die 67-Jährige ist die Frau, die dem Kobold vor fast 50 Jahren ein Gesicht verliehen hat. Als junge Grafikstudentin gewann sie 1963 einen Wettbewerb, den die Autorin Ellis Kaut zur Visualisierung ihrer Figur ausgeschrieben hatte.

"Der Pumuckl kam einfach so aus mir raus wie der Korken aus einer Sektflasche", sagt Johnson heute. Sie malte ihn für unzählige Kinderbücher und Plattencover. Doch heute taucht nur noch selten ein Kobold in ihrem künstlerischen Werk auf. Barbara von Johnson hat längst neue Projekte - und über die spricht sie viel lieber als über das Männchen mit dem roten Haar.

Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Wolfgang Krause hat sie eine spezielle Technik für ihre Kunst entwickelt. "Digan" nennen sie diese - ein Kunstwort aus den Begriffen digital und analog. Die beiden digitalisieren Bilder von Johnson, anschließend werden diese jedoch wieder mit einem speziellen Verfahren wieder analogisiert. Das Druckergebnis unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von dem ursprünglichen analogen Bild. Als Betrachter ist man geneigt, das Bild zu berühren. Doch Einbuchtungen oder Unregelmäßigkeiten wie bei einem gemalten Bild sind beim Ausdruck keine zu ertasten. Zwei- und Dreidimensionalität verschmelzen bei Digan.

Eben haben die beiden im Zentrum für Druck und Medien in Ismaning ausgestellt. Nun stehen die großen Kunstwerke wieder in ihrem Haus in Schwabing. Johnson lebt hier seit ihrer Kindheit, ihre 98-jährige Mutter wohnt im zweiten Stock.

Im Keller veranstaltete diese einst wilde Faschingsfeiern, die im Schwabing der sechziger Jahre berüchtigt waren. Heute hängen im ganzen Haus Kunstwerke, Pinsel liegen herum, im Erdgeschoss stehen zwei Computer mit großen Flachbildschirmen. Ihr Haus ist Atelier, Büro, Museum und Wohnung zugleich. Johnson hat ihre Arbeit und ihr Leben eben noch nie getrennt.

Über den Pumuckl sagt sie: "Von ihm habe ich gelernt, das, was man fühlt und denkt, auch auszuleben." In Gedichten verarbeitet sie Beziehungsprobleme oder beschreibt ihren Wunsch nach Frieden auf der Welt. Derzeit arbeitet sie an einem Kinderbuch, deren Hauptfigur "Elle Propella" ihr sehr ähnlich ist. "Sie muss erst lernen, sich gegen andere zu behaupten", sagt Johnson. "Und ist ein ebenso großer Dickkopf wie ich."

Johnson steht auf der Terrasse in ihrem großen, naturbelassenen Garten. Ihre Arbeitskleidung, einen dunkelblauen Overall, hat sie immer noch an, ihre grauen Haare sind zu einem lockeren Zopf gebunden. Ihre Stimme ist sanft, immer wieder entschlüpft ihr ein fröhliches Lachen, das immer noch wie ein Kinderlachen klingt.

Nur ausgerechnet wenn sie vom Pumuckl spricht, wird ihre Stimme härter. Denn der Pumuckl hat ihr in den vergangenen Jahren auch eine Menge Ärger eingebracht. Mehrmals klagte sie wegen ihm vor Gericht und wurde verklagt. Sie setzte durch, dass sie bei jeder optischen Darstellung von Pumuckl als Urheberin der Vorlage genannt werden muss oder dass sie vom Bayerischen Rundfunk eine Nachvergütung bekommt.

Und 2007 wurde sie dann ausgerechnet von Ellis Kaut verklagt. Johnson suchte bei einem Malwettbewerb für Kinder eine Frau für Pumuckl. Das Gericht gab der Zeichnerin jedoch recht. Pumuckl dürfe eine Freundin haben. Vor Gericht sind Kaut und Johnson sich bereits mehrmals begegnet, doch privat verstehen sie sich ganz gut, sie duzen sich weiterhin.

"Als ich den Pumuckl gemalt habe, war ich ein schüchternes Mädchen", sagt Johnson. "Jetzt haue ich aber auch gerne mal auf den Tisch." Im Keller hängen zwei riesige Frauenporträts. "Starke Frauen" hat Johnson die Werke genannt. Sie stellt sich dazwischen.

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