Kontrollen:Im Dickicht der Kompetenzen

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Lebensmittel-Kontrolleure gibt es zu wenige und sie sind zu machtlos.

Es ist ein eigenartiges Geflecht von Kontrollen, das immer dann sichtbar wird, wenn Ekelfleisch auftaucht - ob vor einem Jahr beim Deggendorfer Gammelfleisch-Skandal oder beim Passauer Wildfleisch-Pendant im Januar.

In beiden Fällen, wie nun in München, schlugen jedoch nicht die amtlichen Veterinäre, die für die Landratsämter Kontrollen durchführen, Alarm, sondern die Ermittler von Zoll oder Polizei.

Ob das Kontrollsystem in Bayern reformbedürftig ist, damit beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags. Dieser Tage bekamen die Abgeordneten die 200 Aktenordner Beweismaterial zu lesen.

Einer von ihnen ist der Münchner SPD-Abgeordnete Ludwig Wörner. Er fordert, dass sich alle Behörden gegenseitig informieren. Denn Veterinäre dürften zwar in den Kühlraum, nicht aber an die Fleischtheke; der Lebensmittelkontrolleur dürfe sich nur mit dem Einzelhandel beschäftigen.

"Erschreckende Lücken" im Kontrollsystem hat auch Grünen-Landtagsfraktionschef Sepp Dürr ausgemacht. Auch nach den diversen Fleischskandalen habe die Staatsregierung "keinerlei effektive Konsequenzen" gezogen.

So hatten über das Skandalkühlhaus in Johanneskirchen die amtlichen Tierärzte zu wachen. Sieben dieser Veterinäre bezahlt das Kommunalreferat der Stadt auf Stundenbasis, hat ihnen allerdings fachlich nichts zu befehlen.

Die Fachaufsicht über die tierärztlichen Kontrolleure - auch darüber, wo und wie sie kontrollieren - liegt allein bei den Amtstierärzten des staatlichen Veterinäramtes. Das untersteht der Regierung von Oberbayern, also einer Behörde des Freistaates.

Bis vor vier Jahren war dieses Veterinäramt noch städtisch. Weil die Stadt sich vom Freistaat für diese Aufgabe aber nicht genügend bezuschusst sah, gab sie das Amt damals an den Staat ab.

Amtliche Tierärzte und staatliche Amtstierärzte greifen bei Kontrollen freilich auch auf die Amtshilfe der Lebensmittelkontrolleure aus dem städtischen Kreisverwaltungsreferat zurück.

Diese überwachen in eigener Zuständigkeit sonst nur Einzelhandelsbetriebe, Geschäfte und Gaststätten. Allerdings sind derzeit von 45 Planstellen nur 35 besetzt. Seit 1990 ist auch die Zahl der Lebensmittelkontrollen gesunken. Rückten die Tierärzte des Veterinäramts 1991 noch zu rund 4000 Kontrollen aus, waren es 2001 nur noch 1500.

© SZ vom 2.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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