Konsequenzen nach dem Radar-Skandal:Abkassierte Fahrer sollen sich melden

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Als Konsequenz aus dem so genannten Radar-Skandal will die Münchner Polizei möglicherweise künftig keine Bußgelder mehr in bar einziehen. Bislang sind der Polizei elf Fälle der Veruntreuung von Strafgeldern bekannt.

Von Monika Maier-Albang

Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer, der sich am Mittwoch zu den Ermittlungen gegen die Polizisten äußerte, will die "derzeitige Praxis der Barverwarnung einer genauen Prüfung unterziehen" lassen.

Momentan dürfen Beamte maximal 35 Euro in bar abkassieren - wenn etwa ein Autofahrer zu schnell unterwegs war. Über den Betrag müssen sie eine Quittung ausstellen. Schaffe man die "Barverwarnungen" ab, werde die Möglichkeit, dass Verkehrspolizisten in die eigene Tasche wirtschaften, zwar erschwert, sagt Schmidbauer.

Einfacher Weg

Er tendiere allerdings dazu, die Barzahlung beizubehalten, weil sie der einfachere und unbürokratischere Weg sei. "Es ist nicht bürgerfreundlich, wenn man wegen zehn Euro auf die Bank muss."

Was allerdings bei einem Fünf-Euro-Parkknöllchen auch der Fall ist. Für eine Umstellung der "antiquierten Verwarnungspraxis" auf bargeldlose Zahlung sprach sich indes der bayerische Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft aus.

Mittlerweile sind den internen Ermittlern elf Unterschlagungs-Fälle bekannt geworden, die sich zwischen Oktober 2002 und Dezember 2003 im Münchner Norden ereignet haben.

Geständnisse

Zwei der vier tatverdächtigen Beamten haben gestanden. Dabei hat einer drei weitere Kollegen belastet. Der Verdacht gegen diese habe sich bislang jedoch nicht erhärten lassen, so Schmidbauer.

Weiter komme man bei den Ermittlungen nur dort, wo sich betroffene Bürger melden. Wo Autofahrer vom vermeintlichen Entgegenkommen der Verkehrspolizisten profitiert hätten - etwa, indem ihnen Punkte in Flensburg oder Führerscheinentzug erspart blieben - sei die Bereitschaft möglicherweise gering, sich jetzt an die Polizei zu wenden, fürchtet Schmidbauer.

Da zu schnelles Fahren jedoch als Ordnungswidrigkeit nach sechs Monaten verjährt, habe ein Fahrer, der lediglich der Zahlungs-Aufforderung der Polizisten nachgekommen ist, keine Konsequenzen zu befürchten.

Kein guter Coup

Gelohnt hat sich der Coup für die Verkehrspolizisten nicht: Auf gerade mal 800 Euro schätzen die Ermittler den "Vermögensvorteil", den die Polizisten "erwirtschaftet" haben - geteilt durch Vier. Einer der Beamten brauchte wohl dringend Geld. "Es bleibt aber trotzdem schwer nachvollziehbar, warum man dafür seinen Job aufs Spiel setzt", sagte Ermittlungsleiter Gunter Hauch.

Offenbar fühlten sich die Polizisten sicher - zumal die Dienstaufsicht ihnen trotz unangekündigter Kontrolle nicht auf die Schliche gekommen war.

Arbeitsgruppe eingerichtet

Man habe nun eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um "mögliche interne Schwachstellen" bei der Dienstaufsicht oder bei den Verfahrensabläufen aufzudecken, so Schmidbauer.

Die Polizisten müssen mit einer Anklage wegen "Untreue in besonders schwerem Fall" rechnen. Schwerwiegend sei der Vorwurf deshalb, sagt Staatsanwalt Peter Boie, weil die Tat von Amtsträgern begangen worden sei. Die Mindeststrafe liegt bei sechs Monaten Haft; das Maximum bei zehn Jahren.

© SZ v. 4.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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